Ein paar völlig subjektive Eindrücke von einer Probefahrt mit der Ducati Diavel im März 2011. (Diavel spricht sie wohl tatsächlich mit Betonung der zweiten Silbe: Di-á-vel (wie Palaver)... )
Als ich die Diavel zum ersten Mal auf einer Abbildung sah, habe ich sie für eine rote HD Night Rod gehalten. Aber rote Harleys gibt´s ja nicht. Jetzt, wo sie "in echt" und in schwarz vor mir steht,
hab ich ein déja vu...
Tatsächlich soll die Maschine ja um den 240er Hinterreifen herum konstruiert worden sein. Da hat sich wohl wer was bei gedacht... Und nein, in Deutschland funktioniert das nicht, aber in den USA
möglicherweise schon, und da hat Ducati nun mal den größten Markt.
Sowieso schwindet die Ähnlichkeit beim zweiten Hinsehen sofort. Gitterrahmen, viel (allerdings edel designter) Kunststoff und noch mehr Alu. Und beim Aufsitzen ist kein Verwandschaft mehr
feststellbar. Die Diavel ist groß für eine Ducati, aber im Verhältnis zu sogenannten 'Männermotorrädern'( ) klein - und leicht. (Trockengewicht 210 kg, die Carbonversion 207 kg).
Mein Vorführer hat eine Zubehör-Gel-Sitzbank, die 2 cm höher und etwas breiter ist als der Standard. Trotzdem habe ich (bei 1,72m) im Stand beide Füße flach auf dem Boden.
Die Sitzposition ist relativ aufrecht und vorn, der Lenker tourermäßig nach hinten geschwungen, man sitzt lässig und kaum gebeugt "im Motorrad". Große Leute werden die Knie ziemlich hoch haben, aber
das ist bei dieser Bauform wohl unvermeidlich.
Ach ja, Soziustauglichkeit: Die Diavel hat ausklappbare Soziusrasten und ausziehbaren hinteren Haltegriff. Das ist pfiffig und sieht gut aus. Orangina hat neulich Probe gesessen und war ganz angetan. Platz ist jedenfalls reich vorhanden.
Also los. Die Märzsonne scheint, Straße ist trocken. Die Maschine startet zeitgemäß: Transponder in der Tasche (den ausklappbaren Schlüssel braucht man für den Tankdeckel), Startknopf schieben, die Elektronik fährt hoch, nochmal drücken, Start. Der Sound ist ziemlich - beeindruckend. Es gab hier irgendwo Sound files, da war ein leises Knattern zu hören. Da war wohl das Mikro defekt. Die Maschine hier ist jedenfalls LAUT. Ein volles, sonores Bollern, dass sofort klar macht, was Sache ist. Ideal für die Eisdiele, definiv.
Ich lass sie vom Hof gleiten, durch das Gewerbegebiet,raus auf die Landstraße. Ich drehe am Gas, aber das Teil schiebt überraschenderweise sehr verhalten voran. Öhm...wo sind denn die 119 kW? Ach SO... 'urban mode'. Das Teil hat natürlich Fahrmodi. Also flugs in 'touring mode' (geht einfach, auch wenn der Blinkerschalter Ducati-typisch mickrig ist) ...schon besser. Und 'sport'? Liebe Güte... Das geht jetzt wirklich ab!
Die Diavel schiebt wie eine Lok durch die Kurven. Im Verhältnis zur Monster muss ich schon kräftiger zupacken beim Herumwuchten. Von Aufstellmoment wegen breitem Schlappen merke ich aber kaum was. Auch nicht von der Traktionskontrolle oder dem ABS. Aber ich fahre wahrscheinlich nicht grenzwertig genug.
Jetzt rauf auf die Bundesstraße und drehen. Ähnlich dem Streetfighter, dessen etwas gezähmter Testastretta evo II -Vierventiler auch hier werkelt, explodiert die Diavel oberhalb des mittleren Drehzahlbereichs geradezu. Da ist dann aber sehr schnell die Fahrbahn zu Ende. Die Diavel fährt sich (für mich) ungewohnt durch den nach hinten geschwungenen Lenker. Tourer-Piloten werden sich aber wohl heimisch fühlen. Dank der weit vorn gerückten Sitzposition sind sportlich zügige Fahrmanöver trotzdem fast so leicht wie mit der Monster. Ich gehe aber davon aus, dass man mit diesem Motorrad nicht rast. Das hat man einfach nicht nötig...
Letzter Test: Stadtverkehr. Interessiert mich, wie so ein Kraftpaket bei Stop-and-Go agiert. Im ersten Ampelstau ruckelt es dann aber gewaltig, die Fuhre reißt am Gas und lässt sich kaum bändigen. Klar, schon wieder den Modus nicht gewechselt. Also 'urban mode' wieder rein, und dass Ding wird sofort lammfromm. Nun rollt die Maschine ohne Ruckeln untertourig Poser-kompatibel daher, und die ESD grollen genau richtig, um den Strassenlärm dezent zu übertönen. Fein.
Nach gut 30 km bin ich wieder im Hafen. Die Lüftung läuft laut und vernehmlich nach. Nach zwei Minuten ist Ende, und dann gehen auch die Cockpit-Lichter aus.
Fazit: Ein Boss-Mopped. Ideal für kleinere Bosse..
Wesentlich leichter als VMax und B-King, und wohl auch moderner. Leistung ohne erkennbares Ende, und dank "ride-by-wire" auch von Fahranfängern zu händeln. Schade, dass davon die meisten erst gar nicht auf die Idee kommen, die Diavel zu testen. Den einen ist sie zu teuer (ab 17.000 €), und die anderen landen sowieso beim meist verkaufenden Hersteller. Aber das ist bei der Multistrada ja genauso so. Jedenfalls in Deutschland.
Technische Daten:
http://www.ducati.de/motorraeder/diavel/index.do
Weitere Bilder:
http://www.motorradonline24.de/mo24forum/motorräder/ducati/636683/ducati-diavel-ein-paar-bilder/