Ready to Rock oder “Ihr nehmt mich nie mit in den Urlaub!”
Mit diesen Worten unserer Tochter Laura blieben meiner Frau Tina und mir die Frühstückshappen im Hals stecken.
Richtig, die Fähre ist gebucht und wir hatten dieses eine Mal nicht nach dem Wunsch des Mitfahrens gefragt. Aber nach Russland mit zwei Bikes, drei Personen, Zeltausrüstung und Verpflegung für einen Monat, NEIN! Die ganzen Jahre standen Oma und Opa auf dem Urlaubsplan unseres Kindes ganz oben. Daher entschieden wir: Dieses mal kommst du nicht mit in den Urlaub und bleibst bei Oma und Opa! Und den Reiseführer für das nächste Jahr machst Du! Damit wir uns nicht noch einmal solch einen Vorwurf anhören müssen.
Welches Kind kann schon von sich behaupten Schlangen in Marrakesch beschwört, die Götter am Berg Olymp besucht oder die Pharaonen Ägypten besucht zu haben?
Die Tage gehen ins Land, aber ein Ziel war nicht zu finden. Wir erwarteten schon unseren nächsten Urlaub im Lego- oder Disneyland verbringen zu müssen. Aber weit gefehlt! Dann kam eines Sonntags Morgen der Beschluss: Ich will nach Island! Wow! Island, nachgedacht hatten wir schon darüber. Es ist jedoch nie richtig in der To-do-Liste erschienen. Ein Problem haben wir jedoch wieder. Auf Island möchte ich schon mein Zelt dabei haben. Also wurde der Vorschlag gemacht, das Auto für den Islandurlaub zu nutzen. An diesem Vorschlag hatte Laura jedoch keinen Gefallen. Und mit dem Motorrad, Gepäck, Verpflegung und Kind durch das Hochland zu fahren stieß bei mir auf Ablehnung! Also, Auto!
Lauras Lösung war: Nein, nicht Auto, Moped! Ich will selber Moped fahren!
Nachdem die Worte verklungen und die steckengebliebenen Frühstücksreste geschluckt waren, ging es dann zur Fahrschule, um die aktuellen Führerscheinbedingungen abzufragen. Mit fünfzehn Jahren darf man nur Mofa fahren. Dann eben Mofa!
Da kam das zerlegte Simson Moped bei den Großeltern zu Tage. Das Mokick war eigentlich Schrott und im früheren Leben eine Simson S51 B 2-4.
Mit der Idee unserer Tochter haben wir uns beim Motorrad-Reise-Treffen beworben und prompt den 3.Platz belegt. Nun gilt es die Tour vorzubereiten. Durch den Gewinn unterstützt uns Continental Deutschland bei dieser Tour finanziell. Weiterhin hat uns GERMAS Motorradbekleidung kostenfrei zur Verfügung gestellt. Eine kleine Finanzspritze von POLO in Kassel hat den Rest der Ausrüstung komplettiert.
Weiterhin hatte ich den vor Ort befindlichen Besitzer der Firma Simson kontaktiert, um etwas Unterstützung für das Projekt „aus Schrott mach Neu“ zu erhalten. Ein paar Ersatzteile für lau wären nicht schlecht gewesen. Weit gefehlt! Kein Interesse an der Erhaltung der eigenen Marke!? Da fiel mir spontan Long Way Round ein. Mit dem Unterschied: Ich habe kein Simson-Plakat zu hängen, um dies von der Wand zu reißen!
Nun stecken wir in den Vorbereitungen der Tour. Der Gewinn ist jedenfalls Verpflichtung und Startschuss zugleich. Die Fähre ist gebucht. Zwei Enduros wurden erworben, Gepäcksysteme montiert und Sturzbügel, für den Fall der Fälle, gebaut.
Und natürlich geht es jetzt an das Mofa. Leichte Arbeiten wie das Schleifen und Entrosten der Rahmenteile, Räder ausspeichen, Tank und Seitendeckel schleifen durfte Laura selber vornehmen. Sie soll ja auch sehen wie viel Mühe in einem Neuaufbau steckt, um die Dinge schätzen zu können. Der Motor ist überholt und über den Vergaser auf 25km/h gedrosselt. Die Räder wurden neu eingespeicht und die Kette bleibt gekapselt. So erübrigt sich all zu häufige Pflege auf Island. Der Kabelbaum wurde angefertigt und auf 12 Volt umgerüstet. Die Kanzel wurde besorgt, um das Zündschloss dort einzubauen und den Scheinwerfer mit der 12 Volt HS1 Scheinwerferlampe nutzen zu können. Hinten sind härtere Stoßdämpfer verbaut, um es mit dem Mehrgewicht des Gepäcks aufnehmen zu können. Die Telegabel wurde überholt. Diese bleibt jedoch in der „Straßenausführung“ und wurde nicht verlängert. Sonst kommt Laura noch schlechter auf den Boden. Das möchte ich ihr als Fahranfänger nicht zumuten. Der Enduroauspuff wurde angebaut und ein Seitenständer nachgerüstet. So erspart sie sich das ständige kräftezehrende Aufbocken auf den Hauptständer. Der Gepäckträger wurde für das Topcase angepasst und die Seitengepäckträger angefertigt bzw. angepasst. Massenware in Form von „Ready to Travel“ bekommt man für die Simson nicht. Der Rahmen wurde auf Wunsch in KTM- Orange lackiert. Aber nicht “Ready to Race” sondern “Ready to Rock” lautet das Motto auf Tank und Seitendeckel! Da das Töchterchen Akustikgitarre seit sieben Jahren spielt und eine E-Gitarre frisch dazugekommen ist.
Das Mofa ist ein kompletter Neuaufbau an dem keine Schraube an ihrem Platz geblieben ist. Damit sind Schrauberein auf Island hoffentlich nicht nötig.
Rock, Stone und Schotter dürfen nun kommen. Das Endurotraining ist absolviert und im Juni geht es noch einmal auf „Abschlussprobefahrt“ in die Fränkische Schweiz. So vorbereitet kann der Island-Trip eigentlich kommen und wir werden auf Island „rocken“.
Wie Ihr anhand des Bildes sehen könnt, haben wir die Tour geschafft.
Den Aufbau, die Gedanken aus Sicht unserer Tochter, könnt Ihr in der aktuellen Juli/August Ausgabe von Motorradabenteuer nachlesen. Schön auch mal die "andere" Seite, Sichtweise und Gedanken zu lesen.
Um zu reisen braucht es keiner zwölfhunderter GS
Den Islandbericht bekommt Ihr dann zu gegebener Zeit