Das Datenblatt:
- 90°-V2-Motor mit 750 cm³
- 95 PS bei 9000 Umdrehungen pro Minute
- Max. Drehmoment 79 Nm bei 7250 Umdrehungen
- ABS
- Gewicht: 210 kg
- Reifen und Kettensatz sind erneuert
- knappe 27.000 km gelaufen
- EZ 2012
- Preis: knappe 5000 Euro.
Schaut ja schon mal nicht verkehrt aus. Großer Motor mit viel Power, trotzdem relativ leicht. Eigentlich das, was ich suche. Aber schauen wir uns das Mopped mal in echt an.
erster optischer Eindruck:
- ein ganz normales modernes Nakedbike halt. Optisch irgendwie nix Besonderes. Kein freakiger Insektenarsch als Front, keine halbgaren Retro-Hommagen, keine Rundfunzel, keine angedeutete Café-Racer-Linie, einfach auf das Wesentliche reduziert. Obwohl das Motorrad quasi dreifarbig ist, stört dieses "Bunte" keineswegs. Die Optik ist schlicht, aber keinesfalls bieder oder langweilig. Gefällt mir. Der Werkstattmensch füllt noch ein Kännchen Sprit in den Tank, dann kann es auch schon losgehen. Das Display besteht aus einem analogen Drehzahlmesser und einem einfachen schwarzweiß-LCD-Display mit Tacho, Ganganzeige, Uhr und Thermometer. Lies sich ganz gut ablesen und hat nicht in irgendeiner Form gestört. Daumen hoch hiefür! Die Aprilia verfügt über drei Mappings, einen Normal-Modus, einen Rain-Modus und einen Spaß-Modus. Beim Start stand die Aprilia auf Spaß, ich hatte wenig Bock, mich um die Motorelektronik zu kümmern, also blieb es dabei... 
- Die Sitzposition ist für ein Nakedbike sehr angenehm. Kniewinkel ist entspannt und sitze ziemlich aufrecht auf dem Bock. Komme gerade so mit beiden Füßen flach auf den Boden, passt also eigentlich auch. Der Lenker ist recht breit, aber nicht in irgendeiner Form zu breit oder auslandend. Passt alles soweit, es kann also losgehen. 
der Druck auf's Knöpfchen:
- ACHTUNG LAUT! Das ist eigentlich der Aufkleber, der auf dem Werksbrüllrohr drauf müsste, bzw. die beiden Brüllrohre, die Aprilia verfügt nämlich über Doppelrohr-Underseat-Schalldämpfer. Sieht knackig aus, sorgt aber dafür, dass der Stauraum unter der Sitzbank gleich null ist und die Sozia ihren Arsch gewärmt bekommt. Der Hobel ist ordentlich am Bollern, Gasstöße werden mit einem aggressiven Fauchen quittiert. Zitat meines Kumpels: röhrt wie ein notgeiler Hirsch
(Sozusagen, ein geiler Bock, der wie ein geiler Bock klingt.
) Ersten Gang eingelegt und durch's Warendorfer Industriegebiet und einige Bauernschaften aus dem Ort gerollt. Zahm sein kann die Aprilia tatsächlich auch, da ruckelt im niedrigen Drehzahlbereich nichts. Die Gänge lassen sich sauber schalten, man rührt da nicht ewig und drei Tage im Getriebe rum. Leerlauf lässt sich leicht finden.
beim Fahren
- es hat wirklich nicht lange gedauert, bis ich Vertrauen ins Motorrad gefasst habe. Ein paar Kilometer mit dem Mopped vertraut machen, wie giftig packt die Bremse, wie ruppig ist die Kupplung und man kennt sich sofort. Die Aprilia macht exakt das, was man von ihr wünscht. Keine Widerstände, kein komisches Aufstellen, kein widerwilliges In-die-Kurve-Zwängen. Schräglage? Gern, wieviel darf's denn sein?
Komisch wackelig-kippelig ist da auch nix. Dreht man bei niedrigen Drehzahlen am Kabel, dann zieht die Aprilia saftig durch, ohne zu Bocken. Auch bei hohen Drehzahlen macht das Mopped souverän exakt das, was es tun soll, nämlich brachial vorwärts in die Kurve und keine Kapriolen.
Was will man mehr? Das Fahrwerk erledigt seine Aufgabe mit Bravour. Da schaukelt nix, da wabbelt nix, es läuft keinen Rinnen nach. Man spürt die Schlaglöcher, aber sie stören nicht. Straff, aber nicht zu hart. Bügelt weg, ohne gefühllos zu entkoppeln. Das ABS habe ich bei ein paar kräftigen Bremsmanövern nicht zum Regeln gekriegt.
Fazit zum Motorrad
Ein italienisches Kuvenballergerät, was präzise das liefert, was man bestellt.
Leistung satt, Fahrwerk top, Unaufgeregtes Design, geiler Sound, geiles Fahrgefühl. Wie gesagt, was will man mehr? 
Fazit zu meiner Motorradsuche
Naja, die Frage aus dem Fazit bleibt; was will man mehr? Auf dem Datenblatt fehlt nix. Popometer hat sich sauwohl gefühlt und exakt null anzukreiden (gut, ich war auch nur eine halbe Stunde unterwegs). Technik stimmt auch. So geil der Klang auch ist, ich bin weder ein Soundfetischist, noch "glaube" ich an die Lautstärke; es wäre nicht schlimm, wenn sie deutlich leiser wäre. Und eine Design-Ikone wird dieses Motorrad in diesem Leben nicht mehr. Für den lässigen Auftritt am Eiscafé gibt es durchaus bessere Motorräder. Aber ich bin weder Berufs-Hipster, noch fahre ich hauptsächlich zur Eisdiele. Rationale Entscheidungen emotional treffen. 
Es spricht eigentlich alles dafür und eigentlich nichts dagegen. Naja, mal schauen. Erstmal eine Nacht drüber schlafen.
Gruß,
Thomas
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So, nochmal ein paar Sätze mit etwas weniger rosaroter Brille zu der Shiver.
Die einzige Referenz ist bei mir aktuell meine CB. Nur um das nochmal in den Kontext zu bringen: ein 24 Jahre altes Brot-und-Butter-Mopped mit fast 97.000 km gelaufen. Fahrwerk hab ich zwar erneuert, aber das ist a) auch schon wieder 6 oder 7 Jahre her und ich bin seitdem auch nochmal 40.000 oder 50.000 Kilometer gefahren. Ja, das Fahrwerk ist neu, aber ein wirkliches technisches Upgrade war es auch da nicht. Das hätte den Wert des Motorrades etwas zu sehr überstiegen. Oder anders gesagt: Jedes halbwegs moderne Motorrad ist technisch besser, als meine CB. 
Nichtsdestotrotz, einige andere Moppeds bin ich auch schon gefahren und dieses Gefühl, dass das Motorrad so präzise und ohne Einschränkungen auf meine Steuerung reagiert, habe ich höchstens bei anderen, deutlich teureren Motorrädern erlebt. BMW RnineT fällt mir da als Erstes ein, preislich aber eine völlig andere Dimension.
Klar, gestern nach der Probefahrt hätte ich das Motorrad am Liebsten direkt mitgenommen und mich für einen zweiwöchigen, ach was, zweimonatigen Urlaub mal in die französischen Alpen verkrümelt.
Heute muss ich sagen, sieht die Situation nicht so viel anders aus. Habe die Preise nochmal gecheckt, der Preis ist okay. Der Händler soll auch 'ne gute Adresse sein. Die Pro-Liste lässt sich endlos fortsetzen.
Was spricht dagegen?
- Die Optik. Wobei das ist kein Contra-Argument, sondern nur kein Pro-Argument. Optisch sehr unaufgeregt. Es ist halt keine Moto Guzzi Griso. Ich habe lange Zeit mit der Maschine geliebäugelt. Optisch eine Wucht. Fährt sich auch erste Sahne. Ist aber deutlich teurer, bzw. in der Preisklasse sind die Motorräder im Schnitt 5 Jahre älter und ABS hat die Griso grundsätzlich nicht. Optik schön und gut, bei der Griso ist die Contra-Liste einfach zu lang und ein KO-Kriterium ist Optik für mich nicht. Im Gegenteil, fahren ist mir persönlich wichtiger als gucken.
- Die schönen Töchter der anderen Mütter. Jaja. Andererseits, was soll mich dort erwarten? Die direkte Konkurrenz sind Ducati Monster und KTM Duke. Gesessen habe ich auf Beiden schon, okay war's, aber noch immer recht sportlich-kompakt. Eher wie auf meiner kleinen CB, als auf einer 1200er-Reiseenduro mit Liegesofa. Und optisch muss ich sagen, machen diese Konkurrenten auch keinen Boden gut. Lieblingsfarbe bei Ducati ist anscheinend mattschwarz und KTM hat nur dieses komische orangeweißbunt und die "Linie" gefällt mir bei beiden Bikes schlechter, als bei der Shiver. Außerdem halte ich diese Moppeds auch nicht für tourentauglicher als die Shiver. Jaja, Probefahrt müsste eigentlich noch sein. Aber was erwartet mich dort? Doller Motor, dolles Fahrwerk, klar. Ansonsten schlechtere Langstreckentauglichkeit, auch keine bessere Optik. Komischer Gebrauchtmarkt mit Heizerbuden und "customized". Im Ruhrpott sagt man dazu wohl "woanders is auch scheiße". Ja, ich habe Vorurteile.
Ein Nicht-Contra-Argument und ein Universal-Contra-Argument. 
Gruß,
Thomas