Besonders junge Motorrradfahrer stehen oft vor der Frage, welches Motoröl für das neue "Familienmitglied" zu empfehlen ist - es soll für den Liebling natürlich das Beste sein, damit die Maschine optimal läuft und vor Motorschäden geschützt ist.
Bei erfahrenen Motorradfahrern lösen diese oft wiederkehrenden Frage aber Stöhnen und widerwillige Antworten wie "... benutz doch mal die Suchfunktion!" aus.
Deshalb habe ich hier mal die mir bekannten Kriterien für die Auswahl eines geeigneten Motoröls aufgeschrieben (nach besten Wissen - aber ohne Garantie).
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich überwiegend auf Motorräder aus diesem Jahrtausend mit Nasskupplung und Benzinmotor. Bei älteren Motoren, bei Motorrädern mit Trockenkupplung und bei Dieselmotorrädern gelten andere Überlegungen!
Unterschiede von Motorradmotoren zu Pkw-Motoren:
- Das Motoröl schmiert den Verbrennungsmotor und das Getriebe
- In aller Regel haben Motorräder eine vom Motoröl umgebene Naßkupplung
- Höhere Drehzahlen
- Geringeres Ölvolumen
deshalb ist Pkw-Motoröl nicht für Motorräder geeignet (bestenfalls mal im Notfall für kurze Zeit)!
Wie finde ich das optimale Öl?
- Der erste, unbedingt zu beachtende Hinweis findet sich im Fahrerhandbuch. Dort findet man vor allem Hinweise zur Viskosität des Öls in Abhängigkeit von den Außentemperaturen wie z. B. "10W-40". Die Angabe 10W steht dabei für die Viskosität (Zähflüssigkeit) bei niedrigen Temperaturen (W wie Winter) und die Zahl danach für die Viskosität bei hohen Temperaturen. Dabei ist das Öl mit zunehmenden Zahlenwerten immer zähflüssiger.
- Das zweite Kriterium ist die Eignung des Öls für die Nasskupplung. Das wird entweder durch die entsprechende Beschreibung "Motorradmotoröl für Nasskupplungen geeignet" oder durch die Bezeichnung "JASO MA", "JASO MA1" oder "JASO MA2" gekennzeichnet, wobei "JASO MA2" die jüngste/modernste Spezifikation sein dürfte (JASO = Japanese Automotive Standards Organisation). Für Nasskupplungen muss dieses Kriterium auf jeden Fall erfüllt sein, weil sonst das unliebsame und verschleißfördernde Kupplungsrutschen auftreten kann!
- Im Laufe der Jahre wurden die Öleigenschaften parallel mit den immer höheren Anforderungen in den Motoren gesteigert. Dies spiegelt sich in den immer weiter entwickelten API-Spezifikationen wider, die auf den Ölgebinden angegeben sind (API = American Petroleum Institute). Eine solche Bezeichnung lautet z. B. "API SM", wobei das "S" für Benzinmotoren steht und der Buchstabe "M" die mit dem Alphabet steigende zeitliche Abfolge der Qualitätsklassen kennzeichnet,
z. B.
API SF = 1980-1987;
API SG = 1987-1993;
API SH = 1993-1996;
API SJ = 1996-2001;
API SK/SL = 2001-2004;
API SM = 2004-2010;
API SN = ab 2011 bis ... mindestens heute (= 04/2015).
Damit es nicht zu kompliziert wird: Ältere Motoren (1999 und älter) dürften mit preisgünstigen, älteren Klassifikationen wie API SH bis SL problemlos klarkommen. Bei neueren Motoren würde ich die besseren Klassifikationen ab API SM vorziehen.
- Leichtlauföle (0W-... und 5W-...) sind nicht für Motorradmotoren geeignet, solange sie nicht ausdrücklich vom Motorenhersteller dafür empfohlen werden, weil damit die höheren Anforderungen an die Druckstabilität im Getriebe nicht erreicht werden.
- Mineralisches, teilsynthetisches oder vollsynthetisches Öl? Das wird manchmal mit fast religiösem Eifer diskutiert.
Meine Meinung dazu: Ältere Motorräder scheinen bei mineralischem Öl weniger Probleme mit Kupplungsrutschen zu haben. Jahrelang an mineralisches Öl gewöhnte Motoren vertragen unter Umständen die Umstellung auf Synthetiköle nicht gut. Die modernen Öle lösen (momentan noch das Metall schützende) Ablagerungen an Kolbenringen und Lagerstellen leichter auf, so dass dann erhöhter Ölverbrauch und größeres Lagerspiel die Folge sein kann. Da sollte man also besser bei dem bisherigen Öltyp bleiben oder nur auf teilsynthetisches Öl umsteigen bzw. seine Werkstatt fragen.
Alle neueren Motorräder sollten keine Kupplungsprobleme haben, sobald die JASO MA2 - Spezifikation erfüllt ist.
Je höher der Synthetikanteil im Öl ist, desto höher ist die Alterungsbeständigkeit und die Verschleißfestigkeit.
Zusammenfassung für die optimale Auswahl bei jüngeren Motoren:
- Viskosität nach Fahrerhandbuch, JASO MA2, API SM oder SL, teil- oder vollsynthetisch. Sobald diese Bedingungen erfüllt sind, kann dann der Preis den Ausschlag geben.
Häufig gestellte Fragen:
- Welches Öl kann ich nachfüllen? A: Möglichst das gleiche Öl, welches sich schon im Motor befindet. Zumindest die gleiche Viskositätsklasse verwenden. Nur im Notfall Pkw-Öl verwenden (ist immer noch besser als gar keins!).
- Motorölstand über der MAX-Markierung, was ist zu beachten? A: Wenn beim Ölwechsel zu viel Öl eingefüllt wurde: Wieder bis auf MAX absaugen, weil das Öl bei zu hohem Ölstand schäumen kann und dann wegen der im Öl enthaltenen Luftblasen nicht mehr richtig schmiert. Wenn der zu hohe Ölstand bei anderer Gelegenheit auftritt (lange Standzeit, Vergaserunregelmäßigkeiten o.ä.) dann kann z. B. Kraftstoff durch einen überlaufenden Vergaser ins Öl gelangt sein. Je nach Ausmaß der Verdünnung sollte man den Motor nicht mehr starten, erst die Ursache (fachmännisch!) beheben und dann einen Ölwechsel durchführen.
- Wie oft muss der Ölfilter gewechselt werden? A: Das steht als Vorgabe im Handbuch. Es empfiehlt sich, bei jedem Ölwechsel auch den Filter zu wechseln, da sich der Filter im Laufe der Zeit mit den ausgefilterten Stoffen (Verbrennungsrückstände, feiner Metallabrieb, Kupplungsabrieb usw.) zusetzen kann.
Weiterführende Informationen:
Wikipedia: Motoröl: http://de.wikipedia.org/wiki/Motor%C3%B6l
Wikipedia: Schmieröl : http://de.wikipedia.org/wiki/S…C3%B6l#API-Klassifikation
ACEA-Spezifikationen : http://www.acea.be/publication…e/acea-oil-sequences-2012
Broschüre "Schmierstoffe für Kraftfahrzeuge" : http://motorang.com/bucheli-projekt/XX.pdf (interessant, aber aus dem Jahr 2000)