Motorrad-Youngtimer
"Youngtimer" oder Oldtimer -diese Begriffe stehen eigentlich für motorisierte Veteranen auf vier Rädern. Doch während bei Autos mitunter viel Geld, eine gehörige Portion Glück und Zufall nötig sind, um ein gutes Exemplar zu ergattern, ist dies bei Zweirädern eher die Regel als die Ausnahme.
Ein interessantes Thema also für alle, die für relativ wenig Geld ein gebrauchtes Motorrad aus der Epoche zwischen 1990 und 2005 suchen, das nicht mehr an Wert verliert. Youngtimer haben nicht nur bei den Autos Konjunktur, auch unter den Zweirädern gibt es Modelle, die das Zeug zum künftig begehrten Objekt haben.
Die Kosten
Dazu kommt noch, dass sich die Versicherungsprämien von exorbitant hohen Summen zu Beginn der 1980er-Jahre auf ein mitunter geradezu lächerliches Niveau bewegt haben.
Kostete im Jahre 1982 bspw. ein Motorrad mit gerade mal 27 PS stolze 800 DM (400 Euro) Versicherungssumme im Jahr und schlug ein 50-PS-Bike mit etwa 1000-1100 DM (500-550 Euro) zu Buche, so wären dafür heute gerade mal etwa 50 – 100 Euro zu bezahlen.
Zusammen mit der Kfz-Steuer wären die jährlichen Unterhaltskosten unter 200 Euro anzusiedeln.
Und wer einige Jahre fleißig Schadenfreiheitsrabatte sammelt, der zahlt mitunter lediglich 20 – 30 Euro – fürs gesamte Jahr wohlgemerkt.
Die Situation
Die Kaufpreise für Motorrad-Youngtimer der „goldenen Epoche“, also der Zeit zwischen 1990 und 2005 sind – je nach Modell – meistens sehr günstig.
Für das Geld das eine voll aufgebrezelte BMW Boxer-GS als Neufahrzeug kostet, kann man sich locker 5 verschiedene Youngtimer-Bikes leisten.
Und hat dann womöglich immer noch Geld in der Hinterhand für Wartungen, Reparaturen oder Restaurierungen.
Bei solchen Aussichten fragt man sich:
Gibt es sogar die Möglichkeit, ein Motorrad jetzt günstig zu kaufen, es vielleicht einige Zeit zu fahren und – wenn man es doch irgendwann wieder los werden möchte - es in ein paar Jahren immer noch gut weiterverkaufen zu können, vielleicht sogar mit ein bisschen Gewinn?
Ja, unter den sogenannten Youngtimern haben etliche Modelle das Potenzial dazu. Maschinen, die noch nicht die 30 überschritten haben, ab dem sie als Oldtimer gelten und mit einem H-Kennzeichen versehen werden dürfen, aber schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Sie sind zurzeit noch erschwinglich, könnten aber bald zum Klassiker reifen und damit ihren Wert steigern.
Ein Bike in der Phase des seines niedrigsten Preistiefes, das für 1.500 Euro gekauft wurde und gut gepflegt wurde, wird fast immer auch zu diesem Preis wieder zu verkaufen sein.
Hier besteht – im Gegensatz zu Aktien – kein Risiko eines großen Geldverlustes.
Und......man hat in dieser Zeit immerhin viel Spaß beim Fahren gehabt.
Heute hoch gehandelte Modelle sind oftmals seltene, aber damals schon teure Motorräder, respektive einst sehr weit verbreitete Modelle, die sich der Käufer als Jungspund nicht hat leisten können aber nunmehr – da die finanziellen Mittel vorhanden sind - aus emotionalen Gründen endlich zulegen will.
Oder solche, bei denen sich der Bestand aus unterschiedlichsten Gründen stark dezimiert hat.
Das erklärt bspw. im Oldtimer-Bereich zum Beispiel den Preisanstieg der Yamaha XT 500, die mittlerweile längst Kultstatus genießt und von 1976 bis 1989 in großen Stückzahlen gebaut wurde. Im sehr gut erhaltenem Originalzustand wird heute mitunter das Doppelte des Neupreises gezahlt.
Ähnlich ist es bei nahezu allen Zweitaktern wie Yamaha RD 250/350 oder Suzukis RGV 250 oder RG 500 Gamma.
Das sind allerdings Beispiele aus dem Oldtimer-Bereich der Ü30-Fahrzeuge.
Aber auch das lange Zeit von einer großen Anzahl an Besitzern im Alltag geschundene Nachfolgemodell der XT 500, die XT 600 erzielt im gepflegten Originalzustand stetig steigende Preise.
Insbesondere die Modelle der Baureihen von 1990 bis 2003.
Hier wird eine bodenständige, überschaubare Technik geboten, die ebenso zuverlässig wie langlebig ist.
Gleiches gilt für die verschwundene Kategorie der Alltags-Enduros wie Honda XL 600, Honda Dominator, Kawasaki KLR 650, Suzuki DR 650 oder Suzuki DR 800 „Big“.
Hier ist das Angebot in den letzten Jahren bereits deutlich geschrumpft. Viele Exemplare stehen als Zweit-, Dritt-, Schlechtwetter-, Winter-, oder „fahr-mich-billig-zur-Arbeit“-Bikes in den Garagen der Republik und ihre Besitzer denken angesichts der lächerlichen Unterhaltskosten gar nicht dran, sie jemals wieder zu verkaufen.
Einfache Wartungen und günstige Reparaturen – beides auch mit wenig Wissen und Erfahrung durchaus selbst zu machen – kommen als „will-haben-Anreize“ noch dazu.
Hier kann man mit „learning-by-doing“ Schraubererfahrungen machen und seine Schraubertalente festigen.
Kommt man wider Erwarten doch mal an seine Grenzen, so kann jede Dorfwerkstatt diese Simpel-Technik dann wieder fit machen.
Im Bereich der Supersport-Motorräder werden allerdings nur wenige Youngtimer-Modelle ihren Wert halten oder gar steigern können, und das auch nur im absoluten Originalzustand – was aber gerade bei den Sportbikes, die früher gerne umgebaut, umlackiert und Leistungssteigerungen getunt wurden und auf den Rennstrecken dieser Welt herunter geritten wurden, relativ selten der Fall ist.
Unter den möglichen Kandidaten tummelt sich die erste Ausgabe der Yamaha YZF-R1, die von 1998 bis 1999 gebaut wurde. Sie war radikal für den Sporteinsatz konzipiert und beeindruckte mit 150 PS bei nur 177 Kilogramm Trockengewicht.
Auch die frühen Honda CBR 900 RR Fireblade ab Baujahr 1992 gehören schon zu den gesuchten Youngtimern, falls sie im Serienzustand belassen wurden.
Ähnliches gilt für beide Ausgaben von Hondas VTR 1000 SP, die bei vielen Besitzern bereits als verhätschelte Sammlerstücke in der Garage stehen.
Dazu kommt, dass die Verarbeitung, Alltagstauglichkeit, Zuverlässigkeit und die Auswahl der eingesetzten Materialien in der Epoche zwischen 1990 und 2005 insbesondere bei den japanischen Herstellern einen Höchststand hatte, der davor und danach nicht wieder erreicht wurde.
Und weil Motorräder vor allem Freizeitfahrzeuge sind, führt dazu, dass sie nicht so viele Material aufreibende Einsätze ertragen müssen wie ein Auto als „daily-driver“.
Der Einsatz als Freizeit-und Hobby-Fahrzeug hat auch zur Folge, dass die Motorräder in der Regel viel niedrigere Laufleistungen hinter sich haben als ein gleich altes Auto.
Es existieren am Markt eine Vielzahl von Motorrädern der frühen 1990er-Jahre, die eine Laufleistung von weniger als 30.000 km aufweisen.
Der Vergleich mit den aktuellen Bikes
Mit ziemlicher Sicherheit werden viele aktuelle, mit opulenter Elektronik bestückte High-Tech-Bikes den Oldtimer-Status nicht erreichen. Aus dem einfachen Grund, weil - wie beim Auto - die heutige komplizierte Elektronik in 30 Jahren nicht mehr reparabel, kein Software-Update mehr möglich sein wird, Elektronik-Teile nicht mehr vorhanden sein werden oder der Ersatzteilpreis finanziell indiskutabel sein wird. Motorräder, die gegenwärtig als State-of-the-art gelten, werden frühzeitig auf dem Schrott landen, weil die Elektronik nicht mehr mitspielt.
Wer glaubt, dass in 20 oder 25 Jahren elektronische Komponenten wie Steuergeräte und Black-Boxen als Ersatzteile erhältlich sein werden oder zu reparieren sein könnten, der verkennt entweder die Realität oder hat nicht das entsprechende Fachwissen.
Ein Gespräch mit Fachleuten wie Fahrzeugentwicklern, Sachverständigen, Werkstattmeistern oder Kfz-Ingenieuren könnte da zu mehr Realitätsbewußtsein führen.
Beim Youngtimer und einer simplen Elektrik wie aus dem Elektrobaukasten für Schüler sieht das naturgemäß völlig anders aus.
Je simpler also die Technik des Motorrads, desto größer die Chance, dass es in einigen Jahrzehnten noch auf der Straße fahren wird. Motoren, die mit normalem Standard-Werkzeug repariert werden können, werden auch entsprechend lange durchhalten.
Motorräder erleiden so gut wie nie den Rosttod. Es passiert höchst selten, dass ein Rahmen vollständig durchrostet. Dieses Element eines Motorrades besteht bei den älteren Bikes in der Regel aus dickwandigen Stahlrohren, denen leichter Rostfraß - wenn er überhaupt auftritt - zunächst wenig ausmacht.
Und Alurahmen der 1990er-Jahre zeigen sich aufgrund ihrer guten Verarbeitung überwiegend immun gegen Korrosion - wenn man sie nicht im Winter auf salzigen Straßen bewegt.
Bei Kunststoffteilen ist das mitunter schon schwieriger und die Motorradhersteller horten ihre Ersatzteile nur über einen relativ kurzen Zeitraum.
Mögen Bevorratung und Nachproduktion von Ersatzteilen 10 bis 15 Jahre nach Produktionsende eines Modells im Autobereich als eine durchaus lange und ausreichende Zeit erscheinen, so sieht das im Zweiradbereich völlig anders aus, da hier die Haltedauer und der Lebenszyklen erheblich länger sind.
Sobald bspw. der Seitendeckel aus Kunststoff oder der Tank im Lager abverkauft ist, muss man sich auf die mühsame Suche auf dem Gebrauchtmarkt machen.
Der aber – je nach Modell und dessen Verbreitung – derzeit noch nahezu alles hergibt.
Ein top-gepflegter Youngtimer wie eine originale Ur-R1 von Yamaha, eine Honda Fireblade der Baureihe SC 28, eine Suzuki Dr BIG, eine Yamaha TRX 850, eine Suzuki TL 1000 S oder TL 1000 R, eine Suzuki Ur-Hayabusa, eine Ducati 916 oder eine Kawasaki ZXR 750 mit den „Staubsaugerschläuchen“ erregen am Biker-Treff mitunter wesentlich mehr Aufmerksamkeit als die neueste Boxer-GS, denn die steht zu Dutzenden an jeder Straßenecke.