Live-Bericht? Naja, tagesaktuell. Ich reise alleine und habe abends niemanden zum vollquatschen. Ich habe aber auch keine Zeit für Bildbearbeitung oder aufwändige Bildauswahl von Serienaufnahmen der mitlaufenden Gopro. Da müsst ihr jetzt leider herhalten mit meinen Notizen. Immerhin wurde ich danach gefragt. Im Nachgang habe ich den Bericht überarbeitet, aber nicht gekürzt - er bleibt als Zeitdokument stehen.
Was tut man, wenn man fast fürs reisen lebt, zumindest aber sein Leben auf reisen eingestellt hat, und dann kommt so'n alberner Virus um die Ecke? Zunächst mal informiert man sich drüber. Das tat ich im November 2019 und kam zum Schluss, dass man das im Auge behalten sollte. Im Januar 2020 war mir dann klar, dass der Drops für Deutschland gelutscht ist. Im März/April 2020 sah es ganz gut aus für Deutschland, im Sommer hätte man den Sack zumachen können, und seit dem Herbst 2020 wird nur noch rumgestümpert. Ich habe mich immer an alle gesetzlichen Corona-Regeln gehalten, und nicht nur an die Buchstaben oder den Wortlaut. Ich habe in den letzten 14 Monaten insgesamt zwei Besucher in meiner Wohnung gehabt, die nicht zum eigenen Haushalt gehören, war nur in einer anderen Wohnung und habe mal 4 Stunden mit jemandem aus einem anderen Haushalt in einem Auto verbracht. Ich habe auf Einkäufe und Arztbesuche verzichtet oder sie aufgeschoben. Ich habe Hände gewaschen, Masken getragen, Abstand gehalten. Ich habe jedem alles erklärt, der es wissen wollte. Ich habe weit mehr gemacht, als gesetzlich gefordert ist. Während um mich herum Freunden und Bekannten das Home Office ohne jeden Sachgrund gestrichen wird, die Behörden haben noch nicht mal eine Meldestelle dafür, Querdenker-Demos mit 10000 Mann ohne jeden Coronaschutz von der Polizei durch Innenstädte begleitet werden, ständig Kinder in Schulen und Kitas aufeinander hocken und es ein nicht zu überbietendes Drama ist, wenn das mal 5 Tage nicht möglich ist, Autokonzerne unvermindert weiter produzieren, dabei rechts Sozialleistungen einstecken und links Dividenden ausschütten, in Flugzeugen alle gleichzeitig die Maske abnehmen dürfen wenn Essen serviert wird, und Profifußballer auch wieder ihrem Geschäft nachgehen müssen, weil sie sonst dem sozialen Abstieg anheim fallen würden. Arbeitskollegen überbieten sich derweil darin, unter Einhaltung des Wortlauts der Coronaregeln die meisten Besucher in der Wohnung pro Tag empfangen kann (einer raus, einer rein), Airlines werden vom Staat gerettet mit mehr Geld als der ganze Laden wert ist ohne dass der Staat danach Einfluss hätte, und die Politik denkt sich immer wieder neue Grenzwerte aus, um sie dann zuverlässig zu ignorieren, wenn sie völlig erwartbar erreicht werden - wenn die unternehmerisch Veranlagten von den sog. "christlichen" Parteien sich nicht gerade selbst die Taschen voll machen. Am wichtigsten ist aber, dass die Großindustrie einfach so weitermachen kann mit ein paar Plexiglasscheiben, alle anderen Aktivitäten verbieten wir der Reihe nach, ohne irgendeine wissenschaftliche Methodik oder auch nur Vergleiche mit dem Ausland. Mitten drin ich, der seine Kontakte freiwillig reduziert hat und dem dabei langsam der Kragen platzt, weil ich weiß, dass eine um eine Woche zu späte Schließung eine um 2-4 Wochen verzögerte Öffnung nach sich zieht und weil ich da gedanklich schon in 2022 bin. Aber ich schweife ab. Wer aufmerksam zwischen den Zeilen mitgelesen hat, hat vielleicht gemerkt, dass ich ein Wenig unzufrieden bin.
Motivation der Reise: Im Jahre 2021 wollte ich eigentlich die Passknacker-Landespreise für Spanien und Portugal machen. Dazu müsste man diese Punkte anfahren. Das dauert etwa 6 Wochen, wenn man zügig aus Deutschland an/abreist.
Im Herbst 2020 gingen in beiden Ländern die Corona-Fallzahlen durch die Decke, in Portugal kam es zu einer derartigen Überlastung des Gesundheitssystems, dass sogar die deutsche Bundeswehr zur Hilfe gerufen wird. Beide Länder, und Frankreich, das halt am Weg liegt, haben Lockdown-Maßnahmen ergriffen, die im Vergleich zum Deutschen Lockdown unerträglich drakonisch klingen. Landesweit Ausgangssperre am 19 Uhr. Kein Verlassen der Wohnung ohne Dokumentation des Grundes. Dabei maximaler Bewegungsradius rund um die Wohnung von 10 km, oder halt Landkreisgrenze. Auf die Idee, Hotels zu schließen, ist aber niemand gekommen. Dass reisende Privatpersonen sich private Unterkünfte organisieren könnten, wo die Hygieneregeln schlechter eingehalten und gar nicht überwacht werden können, auf den Gedanken kam in Deutschland wohl noch niemand. Portugal hat sogar die Einreise von Ausländern komplett untersagt. Im Frühjahr 2021 zeigten diese Maßnahmen dann allmählich Wirkung (außer in Frankreich), und ein Hauch von Öffnung liegt in der Luft. Ich habe meinen Urlaub aber schon im Januar eingereicht, und das sind halt 3 Wochen im April, und denn muss ich auch nehmen, weil es Resturlaub aus 2020 ist.
Ich bin inzwischen auch weichgekocht genug von eigenen Einhalten aller Regeln und vielem Freiwilligen darüber hinaus, und dem Gegensatz zur Welt um mich herum, wo viele jede Regelungslücke maximal ausnutzen, dass ich jetzt Mal 3 Wochen auch nur dem Wortlaut der Gesetze entspreche, wenn sie mir gerade nicht in den Kram passen.
Der ursprüngliche Plan (1) waren 2 Touren zu je 3 Wochen:
1. Durch Frankreich auf eigener Achse, quer durch Spanien, nördlich an Madrid vorbei, und dann Portugal von Nord nach Süd runter. In Portugal hätte mich jemand begleitet, daher gemütliche 350 km-Tagesetappen. Vom Südzipfel Portugals aus entlang der Gebirge in Südspanien nach Osten, insbesondere Andalusien, und im Südosten dann das Motorrad stehen lassen und heim fliegen. Dort 2 Monate arbeiten, und dann zurück fliegen, Motorrad aus dem Parkhaus oder Hotel ziehen, und:
2. Einmal diagonal durch die iberische Halbinsel nach Nordwesten, dann Nordspanien entlang Richtung Pyrenäen. Dann die Pyrenäen abgrasen, und durch Frankreich auf eigener Achse zurück.
Plan 1 war schon hinfällig, als der Mitfahrer abgesagt hat. Dass man sich in Spanien nicht bewegen darf, hilft auch nicht. Durch Frankreich kommt man vielleicht noch durch, aber dann? Tja, dann fragen wir doch mal jemanden, der sich damit auskennt, und seit Jahren den Winter in Spanien verbringt, zwecks Surfen und Motorrad fahren: Hier ist alles normal. Am Wochenende wird auf Motorradstrecken kontrolliert. Durchreise ist erlaubt. Dann fragen wir zwei französische Motorradfahrer: Einer sagt alles verboten, der andere sagt jeder macht was er will. Okay, damit kann ich arbeiten.
Okay, da ermöglicht Plan 2: Ich fahre einfach da runter und schau mal wie weit ich komme. Darf ich durch Frankreich durch? Die staatliche Webseite auf englisch sagt ja, die staatliche Website auf französisch schweigt sich aus. Darf ein EU-Land überhaupt einem EU-Bürger die Durchreise verwehren? Ich denke nicht. Dann ist der Fall doch klar: Frankreich muss mich nach Spanien lassen und Spanien muss mich nach Portugal lassen. Portugal lässt mich zwar im Moment nicht rein, aber die Regelung gilt im Moment nur bis 14.4. - das passt, so schnell komme ich da unten nicht an. Jetzt muss ich noch hoffen, dass die lokale Polizei meiner Argumentation folgt, was auf der Autobahn vermutlich besser gelingt als auf der hinterletzten Passstraße, oder auch, noch lieber genommen, dass mich einfach keiner fragt.
Plan 3, ich fahre mal so weit es geht und wenn es nicht mehr weiter geht, dann fahre ich woanders hin. In der Schweiz ist so ziemlich alles offen, und die kommen auch nicht viel schlechter als wir durch die Pandemie. Da darf man auf dem Landweg sogar ohne Test einreisen. Allerdings ist das Wetter genauso schlecht wie in Deutschland und auch sonst wäre es schade um die drei Wochen Urlaub.
Plan 4, ich verbringe 3 Wochen "ganz normalen Urlaub" in einem Land, das Corona in den Griff bekommen hat, wie Japan, Australien, Neuseeland, Israel, scheitert an deren Einreiseregeln: Die lassen aus der EU niemanden rein. Auch nicht mit Test oder Quarantäne. Island würde mich reinlassen mit 1 Woche Quarantäne, aber April ist leider echt zu früh im Jahr für Island. Thailand wäre denkbar gewesen, auch weil es ein potentielles Ziel für meinen Ruhestand ist, aber dafür hätte ich mich gerne vorbereitet.
Nach reiflicher Überlegung wähle ich Plan 2, vor allem weil er den geringsten Planungsaufwand hat und weil ich viel selbst entscheiden und bestimmen kann, z.B. keine Abhängigkeit von Airlines, Veranstaltern, usw.