Livebericht Portugal? Spanien?? Frankreich???

  • 25.4. Nord 4 - Picos de Europa


    Gut geschlafen, routiniert gepackt, beim Checkout bezahlt, geht es bequem und warm früh los. Bald gerate ich jedoch in eine Polizeikontrolle. Da stehen ein Auto und 2 Mann zwischen Autobahnausfahrt und Kreisverkehr. Keine Gewehre. Da habe ich eine Chance mit der Nagelfeile! Ich werde angesprochen. Ich sage nur ein Wort: "Ingles?" - was soviel heißt wie, "Ich bin nicht von hier - sprechen Sie vielleicht Englisch?" - und das führt zu "Gracias" = Danke plus Winken in Fahrtrichtung. Die kürzeste Kontrolle aller Zeiten. Der hatte entweder keine Lust sind mit Englisch zu quälen, oder er wusste, dass Touristen sich nicht die Einschränkung der Bewegungsfreiheit zwischen Landkreisen halten müssen.


    Die Strecken heute morgen überzeugen mich leider nicht. Es ist dröges Gestolper auf engen, schlechten Straßen mit wenig Weit- oder Aussicht. Tiefpunkt für mich, der Collado Moande. 12 km durch Wald auf schlechter schmaler Strecke, die ich danach zurück muss, und dann gerade mal diese Aussicht, das enttäuscht schon:


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    Man stumpft ab. Später wird es aber deutlich schöner.


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    Zum nächsten Punkt, dem Puerto de San Isidro, schlängelt sich die Strecke dann endlich erfreulich hoch ins Gebirge. Kahle Felsen sieht man gern! 1520 m am Höhenübergang.


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    Danach wird's nicht so viel tiefer, die Landschaft ist auch völlig anders. Außerdem bin ich jetzt in Leon und nicht mehr in Asturien.


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    Aber MT-09 will schon wieder Sprit. Passt ganz gut, da kommt eine Tanke in 30 km, sind dann 40 km auf Reserve, das reicht bei normaler Fahrweise. Leider war diese Tankstelle in Puebla de Lillo gerade geschlossen. Ein handschriftlicher Zettel im Fenster spricht von Mittagspause 14-16 Uhr, wenn ich das richtig verstehe. Es könnte auch "Sonntags und an Feiertagen geschlossen" heißen. Hm. Bis 16 Uhr sind es 30 Minuten. Die nächste Tankstelle auf meiner Route schaffe ich nicht mehr ohne Kanister, und mit Kanister wird's auch knapp. Immerhin kommt kurz dahinter dann noch eine Tankstelle. Die nächste Tankstelle, abseits meiner Route, es sind 30 Minuten Umweg. Alles keine tollen Optionen. Ich entscheide mich für weiterfahren. Bei 53 km auf Reserve beginnt es zu ruckeln, ich suche mir eine schöne Stelle zum Anhalten und fülle meinen Liter aus dem Kanister nach.


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    Es sind noch 20 km zur Tankstelle. Das entspricht einem Verbrauch von 5 l/100 km, das sollte ich doch schaffen. Die Landschaft wird derweil immer mehr Norwegen - nur mit Kühen.


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    Im nächsten Ort gibt es dann wirklich eine Tankstelle, und ich fülle erst meinen 1 L-Kanister, und dann meinen 14 L-Tank (auf dem Seitenständer). Es sind insgesamt 15,5 Liter. Außerdem 71 km auf Reserve Zauberei :)


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    Danach schnappe ich mir noch einen Passknackerpunkt, der ein Abstecher ist, und weil es schon 17 Uhr ist, suche mir dann ein Hotel. 40 Euro, etwas abgelegen, mit Restaurant. Das gefällt mir. Leider ist im Ort kein offener Supermarkt, daher bin ich wohl aufs Restaurant angewiesen. Leider macht erst um 8 auf. Es wird dann wohl Rührei mit Pommes oder sowas.


    Zielerreichung:

    48,1% von 295 spanischen Passknackern geschafft

    2513 von 4732 Punkten im Passknacker-Lebenswerk jemals angefahren

    noch 4 reine Fahrtage

    Einmal editiert, zuletzt von blahwas ()

  • Wie hat es eine französische Bekannte mal zu mir gesagt "bei deinem französisch bluten einem Polizisten so die Ohren, dass er dich freiwillig weiterwinkt," ^^

  • 26.4. Nord 5 - Picos de Europa 2


    Heute geht's im Hochgebirge weiter. Spiegelei mit Schinken auf Pommes vom Vorabend ersetzt das Frühstück. Es geht zunächst noch mal an der Stadt Riano vorbei. Ein echt magischer Ort, mitten im See gelegen, und rund um die See ist eine traumhafte Kurvenstrecke mit Prima Radien für den 4. und 5. Gang, ohne Verkehr und wie immer, ohne Limits! ;) Und sogar eine Tankstelle gibt's dort!


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    Und dann fahre ich den ganzen Tag schöne hohe Pässe, bin das einzige Fahrzeug weit und breit, und wedele um die Kurven, dass die Reifenmitte geschont wird.


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    Unterbrochen nur von einem ausgewogenen Bikerfrühstück ;)


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    Dann wieder Berge und Pässe...


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    ... und Pässe und Berge...


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    Manchmal ist auch eine längere Schlucht dazwischen. Diese hier ist 24 km lang, übersichtlich und die Straße ist schön breit. Kann man bequem im 5. Gang abreissen, oder im 4. Gang richtig angasen. Oder zwei schnelle Autos im 3. Gang überholen. Die MT-09 ist da sehr variabel.


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    ... dann aber wieder Berge und Pässe ;)


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    Drollig ist der Punkt Collado Barreda, denn hier werden über 3 Kilometer länge Kühe den Pass runter getrieben. Es sind aber nicht sehr viele, und zwischendurch auch mal 100 Meter keine Kuh. Das besondere daran ist, dass diese Kühe hier StVO können. Die gehen rechts. Wenn sie links am Gras naschen und mich kommen hören oder sehen, wechseln sie auf die rechte Straßenseite. Vorbildliche Verkehrserziehung! Nur stubenrein sind sie nicht.


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    Höchster Pass heute ist der San Glorio, Puerto de mit 1609 m. Das ist nicht so hoch wie in den Alpen, aber die Landschaft ist die gleiche. Dafür ist hier absolut kein Betrieb. Man hat 99% der Straßen für sich alleine. In den Orten ist Leben, es haben Restaurants und Märkte geöffnet, aber jeder bleibt in seinem Landkreis und von Touristen sehe ich nichts. Ideal für mich. Tolle Region!


    Beim letzten Pass setze langsam Regen ein. Danach kam eine längere Überführungsetappe. Klarer Fall, da suche ich mir ein Hotel am Ende der Überführungsetappe und friere dorthin noch kräftig bei 10°. Als ich den Kopf senke, um aufs Navi zu glotzen, ob das hier immer noch über 1000 Höhenmeter sind, trifft mich irgendwas kräftig am Kopf - von vorne/oben. Eigentlich zu schwer für einen Vogel. Ich sehe keine Spuren am Helm oder an der Klamotte. Auch Gepäck und Zubehör sind noch vollzählig. Ich drehe jetzt nicht um, um zu gucken was das war - ich werde es wohl nie erfahren. Der Regen hört dann freundlicherweise auch wieder auf. 17:45 komme ich am Hotel an. Laut Schild öffnet die Rezeption um 18 Uhr. 18:05 gehe ich rein, es ist noch keiner da. Also rufe ich die Nummer auf dem Zettel an und erkläre mich. 5 Minuten später werde ich empfangen. 50 Euro ist etwas mehr als sonst, aber dafür mit Frühstück. Gegenüber ist ein großer Supermarkt. Prima, ich habe Hungerr! Das führt zu diesem Vollwert-Bio-Einkauf:


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    Naja, das reicht dann hoffentlich für zwei Abende und Fahrtage :)


    ZIelerreichung:

    51% von 295 spanischen Passknackern

    Noch 3,5 reine Fahrtage

    0x Führerschein und Fahrzeugschein zeigen müssen

    Einmal editiert, zuletzt von blahwas ()

  • Ich warte ja immer noch auf den epischen Endkampf

    Nagelzwicker vs französische GIGN (Eliteeinheit) wenn er versucht zurückzureisen und keinen PCR Test beikriegen konnte :angel::saint:


    Fahren kann er

    Unterhaltsam schreiben kann er

    Fotografieren kann er


    wenn er jetzt noch kochen kann, muss ich nur noch seine Unterschrift auf den Ehevertrag kriegen ;)

  • 27.4. Regentag um Santander


    Heute war wie gestern, nur in nass. Aber von vorne: Ich hatte mit Frühstück gebucht. Das Frühstück gibt's von 8 bis 9. Ich kam 8:30 und war alleine. Dann kam die Mitarbeiterin und hat angefangen aufzubauen. Da sie nicht auf die Idee kam, zu lüften, bin ich wieder aufs Zimmer. 10 Minuten später habe ich dann zwei Brote mit Marmelade bestellt, bzw. wir haben uns mit Hand und Fuß drauf geeinigt. Die habe ich dann vorsichtshalber am Zimmer gegessen, und ihr den Teller wiedergebracht. Das wäre mir jetzt normalerweise keine 5 Euro wert gewesen, aber hey. Draußen sieht es nass aus und das Regenradar verheißt nichts gutes. Abwarten lohnt heute nicht.


    Also Regenkombi zu und durch! Leider habe ich mich für die Merino-Unterwäsche statt der richtig warmen entschieden, und 6 Grad in den Bergen hätte es ruhig noch wärmer in der Pelle sein können. Die Handschuhe saufen bald ab, das Visier beschlägt, erholt sich aber wieder, und auch am Gesäß wird's unangenehm kalt, aber zumindest nicht nass. Ich habe im Sitzen eine Pfütze auf der Hose, und sitze gleichzeitig in einer Pfütze auf der Sitzbank. Das ist nicht leicht für die Klamotten, da 100% dicht zu bleiben. Immerhin sind die Straßen vom Zustand her gut und auch die Streckenführung macht Spaß. Der CRA2 ist jetzt nicht als größten Regenreifen aller Zeit verschrien, macht seinen Job aber unauffällig. Die Fußrasten bleiben aber heute mal in der Luft. Und es gibt weniger Fotostopps.



    Gegen mittags lässt der Regen nach und Nachmittags hört er auch mal ganz auf. Zeit, die Handschuhe wieder irgendwie trocken zu kriegen. Trick 17 MF: Anhalten, absteigen, tüchtig Gas geben (lassen mit Klemme) und behandschuhte Hände in den Abgasstrahl halten! Das trocknet die Innenseiten schnell. Heute riecht es dabei komisch und dampft mehr von vorne, als üblich. Ach ja, da war ja Kuhscheiße auf der Strecke, die ist jetzt natürlich aufm Krümmer und wird da sehr warm. Moment, ist die nicht brennbar? Da qualmt's auch schon und ich denke mir, schön, mal eben das eigene Motorrad in Brand gesetzt. Freundlicherweise ist brennende Kuhscheiße trocken, damit nicht haftfähig, und fällt vom Krümmer runter. Am Krümmer und in seiner Nähe ist nichts, was von etwas Feuer Schaden nehmen könnte - alles aus Metall und hitzefest. Das wäre sonst eine interessante Schadensbeschreibung bei der Teilkaskoversicherung gewesen.


    Ich bin hier südlich von Santander unterwegs, und ein fleißiger Helfer hat viele Punkte in Passknacker eingetragen. Davon schaffe ich heute 16 Stück. Einer davon erlaubt den Blick über Santander, und mein Navi schickt mich auf dem Weg dorthin in ein umzäuntes Gelände, immerhin mit offenem Tor, und Logos der Santander (größte Bank Spanien). Da fahre ich garantiert nicht rein, am Ende wollen die mich da noch behalten :) Nun aber zum Aussichtspunkt:



    Das ist doch was. Hier scheinen die Radfahrer echte Raser zu sein, die haben ihre eigene Richtgeschwindigkeit.



    Danach geht's über hohe (1350 Meter) und niedrige Pässe (430 m), immer mal wieder über die Grenze Kastilien/Leon mit Kantabrien und dem Baskenland.




    Hier hatte ich einen Adler auf Augenhöhe vor mir. Ich wollte gerade pinkeln, da war mir das doch unangenehm, wenn der guckt. Gegen 17 Uhr bin ich Reserve unterwegs, und das Motorrad auch. Die Suche nach einem Hotel bietet einige Alternativen weit ab von meiner Route, oder in noch eine Stunde Fahrzeit, oder direkt im nächsten Dorf. Da wähle ich doch mal letzteres. Es ist eine Pension. Das ist zwar kein Hotel, aber der genaue Unterschied ist mir heute egal - eigenes Bad und Rezeption. Günstig, sauber, warm, diskreter Parkplatz, passt. Der Einkauf von gestern reicht auch heute noch. Noch tanken fahren würde sich auch nicht lohnen und die Tankstelle liegt morgen früh eh am Weg. Dann


    Langsam muss ich mir mal Gedanken machen um meine Exit-Strategie. Flug ist gebucht - fahren könnte ich trotzdem. Welcher Yamaha-Händler macht den Service, wo mache ich den PCR-Test, wo übernachte ich in Madrid. Damit kann ich mich heute Abend beschäftigen.


    Zielerreichung:

    56,6% von 295 spanischen Passknackern

    Noch 2,5 reine Fahrtage

    494 km Tagesdurchschnitt

  • Ich hab´s Dir doch gesagt, dass "meine" Heimat (Kantabrisches Gebirge / Picos de Europa) zum Motorradfahren nicht die schlechteste Gegend ist :-). Mit Basis Leon bzw. etwas weiter nördlich, hat man eine gute Basis für mehrere Ausflugstage in die Umgebung. Und wenn man alles gesehen hat: Packen und ein paar Kilometer weiter die Zelte aufschlagen.


    Das Beste: Auch im Sommer ist es in der Region (nördliche Provinz Leon / Picos) nicht viel voller auf den Strassen. Aber wärmer.


    Weiter westlich von Riaño hättest Du noch zwei weitere Stauseen (Boñar und Luna) gefunden, in deren unmittelbarer Umgebung noch einige nette Strecken auf Dich gewartet hätten.


    Scheisse, ich bekomme Heimweh....

    Grüsse aus dem Westzipfel


    Harry aka schredder66

  • 28.4. Baskenland


    Morgens ist es noch trüb, laut Wettervorhersage klart es dann aber langsam auf und bleibt heute trocken. Leider habe ich beim Checkin nicht nach dem Preis gefragt, und so kostet das Zimmer heute 50 Euro. Bei booking wären es 33 Euro gewesen. Tja, liebe Gastwirte, dann buche ich halt künftig bei booking, auch wenn ihr dann noch Gebühren abtreten müsst. Ich breche versehentlich den klemmenden Hebel der Fensterläden ab, das sage ich auch, dafür werde ich aber nicht gekreuzigt. Nun denn.


    Der Tank war ja noch leer und ist über Nacht schon wieder nicht voller geworden. Vielleicht hätte ich doch Vollkasko nehmen sollen? Zwei Orte weiter sind zwei Tankstellen in der Ortsmitte, aber mein Navi will erst außenrum und dann von hinten rein und wieder raus fahren? Hört das Navi jetzt auch Rammstein? Ich sehe mal, was sich da machen lässt. Tja. Da lässt sich nichts machen. Der ganze Ort ist verkehrsberuhigt, und die Tankstellen haben es nur noch nicht gemerkt. So einen Driss bin ich nicht mehr gewohnt. Egal, Tank voll, irgendwann auch wieder raus gefunden, und die Tour geht weiter :) Als ersten Pass geht's zum Puerto de Orduña, und danach kommt lange nichts.



    Also habe ich heute habe ich auch endlich mal wieder Autobahn! Sogar mit Maut und vielen Tunnels. 8 Euro heute. Man gönnt sich ja sonst nichts. Dafür komme ich zügig voran. Es ist sogar Verkehr auf diesem Strecken, so mit LKWs und Autos. Einfach Einheimischen hinterherfahren, dann macht man nichts zu falsch.


    Der Punkt Jaizkibel liegt ganz nah am Meer, und man kommt nur durch San Sebastian hin. Das scheint so der Hausberg zu sein für Radfahrer und vermutlich auch Motorradkrawallos, denn es ist am Wochenende Tempo 50.



    Die Tour heute hat ein paar Schlüsselstellen, bei denen das Navi andere Vorstellungen als der Tourenplaner hat. Daher ist die Gesamtroute mit 630 km auf dem Navi viel zu lang. Vom Punkt Aguina geht es tatsächlich nach Osten weiter. Dann kommen einige Pässe genau auf der französischen Grenze. Da habe bedenken, ob ich wie an Tag 2 Probleme bekomme mit Fotos und Überfahrt, daher plane ich die Route ohne Grenzüberquerung. Also z.B. vom Collado Lizuniaga direkt wieder runter ins Tal, statt durch Frankreich zum Puerto de Lizarieta. Das ist nicht schlimm, denn im Baskenland ist der Asphalt meist gut bis sehr gut in Schuss.




    Es ist wieder mal beeindruckend, was an Tieren auf und neben der Straße so unterwegs ist:




    Besonders abgelegen ist der Aztakarriko Lepoa / Collado Aztakarri (hier hat alles zwei Namen in zwei Sprachen):



    Richtig lästig ist wieder mal der Col de Lindus, der laut Teleatlas Kartenmaterial nicht von Spanien angefahren werden kann. Da war ich aber schon, und auch OSM weiß es: Es gibt einen 3 km langen, (schlecht) asphaltierten Weg vom Puerto de Ibaneta. Hier komme ich wieder runter. Links geht's nach Frankreich, rechts tiefer nach Spanien, und geradeaus zu einer abgefahrenen Wetterstation am Ende von 10? km schlechtem Weg und Schotterweg, wo wir das letzte Mal was weggeblasen worden sind.



    Das war dann auch mein letzter Pass heute. Vorletzter Stopp heute ist ein Supermarkt am Camino, in Auritz / Burguete. Hier ist Camino-Tourismus. Kreuzwegwandern ist seit ein paar Jahren wieder modern. Das verschafft die Zeit und Ruhe zur inneren Einkehr und Einsichtnahme. Ich kenne ein paar Leute, die das gemacht haben. Ich kann bestätigen, dass die Beschäftigung mit diesen Themen aus meiner Sicht für sie nötig war. Leider schien sie aber bei keinem davon zu nachhaltigem Erfolg geführt zu haben. Aber das ist nur meine äußere Sicht, jeder trägt sein eigenes Kreuz. Meine Route führt ein Stück zurück und dann nach Westen. Ich finde eine nette Unterkunft und auf dem Weg dorthin läuft es noch mal richtig gut. Die Reifen müssen ja nur noch 2 Tage halten. Die N-135 kann ich empfehlen. Die letzten 2 Kilometer folge ich einem Auto, damit die Fußrasten bis zum Hotel aufhören zu glühen. Die Anpassung des Seitenständeranschlags mit der Feile hat sich gelohnt, er setzt jetzt nicht mehr auf.


    Am Abend versuche ich einen Termin für den Covid-Test zu bekommen, den ich für den Rückflug nach Deutschland brauche. Deutschland akzeptiert auch Tests 48h nach Einreise (was unfassbar beknackt ist), aber die Airline möchte den Test vorher sehen. Da es in Spanien keine Testzentren gibt, sondern nur private Anbieter, bei denen sich jeder selbst organisieren muss, hirne ich nach, wie der Anbieter daheim hieß: Eurofins! Die haben sehr viele Labore auch in Spanien. Termine gehen nur telefonisch, und nur zu Öffnungszeiten wie 9-14, 17-19 Uhr. Da rufe ich jetzt an. Da geht auch jemand ran. Er spricht kein englisch, ich kein spanisch. Statt jemanden ans Telefon zu holen, legt er auf. Okay. Ich quäle den Google Übersetzer mit dem was ich will, und allen denkbaren Antworten, die man bei einer Terminvereinbarung haben könnte, und rufe noch mal an. Das geht eine Weile gut, bis ich Rückfragen bekomme, die ich nicht verstehe. Es wird nichts umformuliert, es wird im gleichen Tempo 1x wiederholt und dann wird aufgelegt. Seufz. Dann spanne ich eben die Kellnerin ein. Sie ist sehr freundlich und steht meinem Problem mitfühlend gegenüber. Sie bedient 1x alle Gäste im Restaurant, und dann rufen wir da gemeinsam an. Es ist besetzt. In 20 Minuten machen die für heute zu. Ich rufe wieder an - wieder besetzt. Seeufffzzz. Während ich es wieder versuche, nennt sie mir eine Klinik im der Nähe, und da gehen wir dann gemeinsam auf die Homepage und versuchen einen Termin zu vereinbaren. Nach der Abfrage aller Stammdaten wird man gefragt, zu welchem Arzt oder zu welcher Fachabteilung man möchte - und nach der Fachabteilung dann zu welchem Arzt. Das hilft uns nicht weiter. Klinikname + covid führt per Suchmaschine dann zu einer völlig anderen Seite, wo man sich tatsächlich einen Termin und einen Testtyp klicken kann. Und auch sofort online mit VISA bezahlen. 95 Euro bitte. Aber gerne doch! Wäre das günstiger, hätte ich es jede Woche gemacht, aber das nur am Rande. So, endlich geschafft, große Erleichterung, ewige Dankbarkeit, usw.


    Dann wäre da noch das Motorrad! Die Yamaha passt nicht ins Handgepäck, und sie braucht einen großen Service und einen Parkplatz. Außerdem schaffen es die Reifen nicht mehr bis nach Hause und vermutlich auch nicht bis Andorra, wo man sie günstig wechseln könnte, und das Kettenkit hat auch schon bessere Tage gesehen. Ich hatte einige Yamaha-Händler in Madrid angeschrieben und immerhin zwei haben geantwortet. Der günstigere ist weiter außerhalb, weil Madrid offenbar nicht nur die Stadt ist, sondern auch eine autonome Gemeinschaft (entspricht unseren Bundesländern) mit 8000 km². Allerdings ist der zentral gelegene Yamaha-Händler im Kostenvoranschlag 500 Euro teurer und vom Stadtzentrum bzw. Flughafen per ÖPNV auch nicht mehr als eine Stunde weiter entfernt als der günstigere. Da ich nach Abgabe des Motorrads Zeit haben werden, wird's dann wohl der weiter außen liegende - wenn sich nicht noch ein Dritter meldet.


    Mit dem Gefühl, halbwegs alles geregelt zu haben, gibt's Schinken-Käse Baguette zum Abendessen und dann geht's unter die Dusche. Dass ich keinen Fön habe, merke ich erst danach, aber irgendwas ist ja immer ;) Ich habe noch Schinken und Käse übrig, und keinen Kühlschrank, aber eine Plastiktüte und ein Fenster mit 9° Außentemperatur. Das passt so - Tüte ins Fenster klemmen, haut nicht ab und ist dicht.


    Zielerreichung:

    62,1% von 295 spanischen Passknackern

    Noch 2x schlafen

    Genau 494 km = Tagesdurchschnitt heute

  • sehr schöner Bericht, aber in Spanien und besonders im Baskenland gibt es so leckeres zu essen, die Zeit würde ich mir nehmen. Ich nehme da ja immer so mittagsmenü um 15:00 dann brauche ich abends höchsten noch eine Kleinigkeit.

  • 29.4. Trübe und Müde

    Der "Kühlschrank" hat funktioniert, es gab Schlemmerfrühstück. Heute sammle ich ein paar Punkt nördlich von Pamplona, dann geht es in Pamplona zum Covid-Test.


    Danach gibt es in westlicher Richtung rund um Vitoria-Gasteiz noch ein paar Punkte zum sammeln, und dann ganz weit im Westen liegt Er Portillo (Masa) recht einsam in der Gegend rum, und passte bisher in keine Tour. Den erreiche ich wohl nicht mehr, sondern übernachte vorher.


    Aber erst mal los! Der Plan:


    Die Realität:


    Tja, leider fahre ich fast den ganzen Tag im Nebel rum.



    Den ganzen Tag? Nein, nur auf den Pässen. Im Tal geht's, also in Pamplona. Mein Test-Termin ist gebucht und bezahlt, satte 95 Euro, da will man pünktlich sein. Es gibt natürlich sinnvollere Aktivitäten als im Nebel auf nassen Passstraßen an Ende der Welt unter Zeitdruck Motorrad zu fahren, aber es passt zufällig ganz gut. Auf der Autobahn könnte ich noch Zeit aufholen, denke ich mir so, und drehe am Quirl. Dabei überhole ich zwei PKW der Feuerwehr, und denke mir nichts dabei. Ein paar Minuten später kommt ein Tunnel, da mache ich lieber langsam. Am Ende des Tunnels überholt mich der vordere Feuerwehr-PKW, bremst, und setzt sich vor mich. Und macht das Blaulicht an.


    Ich bin verwirrt. Feuerwehr? Nein, Policia Foral. Äh, wie bitte? "Blumenpolizei?" Immerhin macht das Blaulicht nur Dauerleuchten und nicht Blinkiblink. Das ist ziemlich verwirrend und einigermaßen einschüchternd. Jetzt, beim Schreiben des Reiseberichts gucke ich mal nach wer die sind: "Die Policía Foral de Navarra (bask. Nafarroako Foruzaingoa) ist seit 1982 die autonome Polizei der spanischen Region Navarra." Oha. Naja, ich bin einfach mal hinterher gefahren. Er wurde nicht langsamer und fuhr ungefähr Tempolimit. Das kann ich auch. Ich habe es zwar eilig, und als Deutscher ist mir Pünktlichkeit natürlich sehr wichtig, aber mit Verfolgungsjagd ins Krankenhaus fahren muss auch nicht sein, und führt eher nicht dazu, dass ich meinen Termin pünktlich wahrnehmen kann. Mal gucken wie sich die Lage hier entwickelt. Der zweite rote PKW setzt sich hinter mich. Wir fahren einen im spanischen Straßenverkehr üblichen Abstand von 30 Metern bei Tempo 120. Jo, läuft. Es kommt die erste Ausfahrt, keiner macht Anstalten mich anhalten zu wollen. Wir überholen andere PKW. Hmm. Ich überhole den anderen PKW einfach mal nicht! Ha, Pech gehabt, der zweite rote PKW bleibt hinter mir. Das ist jetzt schon einigermaßen beunruhigend. Wenn das eine Einschüchterungsaktion sein soll: Funktioniert. So gondeln wir Richtung Pamplona und ich freue mich nicht wirklich auf die erste Ampel. Aber kurz vor einer Mautstelle fahren die beiden roten ab, und ich bin erleichtert. Naja, vielleicht kriege ich noch Post. Es gibt ja Halterhaftung in Spanien.


    Aber jetzt hat der Covid-Test Priorität. Dazu muss ich 1x komplett ins Zentrum rein. Das Uniklinik-Gebäude ist schnell gefunden. Das war klar. Wo ich parken kann, und wo ich genau hin muss, das findet man online nicht raus. Es ist auch keine Teststation von außen zu sehen, so mit Container oder Zelt. Das Motorrad findet einen Moto Stellplatz bei einem benachbarten Gewerbe, und ich gehe mal zum Haupteingang. Dort steht ein Schild, kein Zutritt ohne digitale Anmeldung. Gut, ich habe noch 15 Minuten. Nein, ich habe keine Covid-Symptome, nein, ich hatte keinen Kontakt zu einem Infizierten. Drinnen ist eine Security-Schleuse und der Wachmann erklärt mir, ich habe das Formular für Begleitpersonen ausgefüllt. Englisch kann er nicht, aber eine Pflegerin. Diese erklärt mir, wohin ich muss: Anderer Eingang. Emergencia.


    Am anderen Eingang steht ein Container "PCR Test C". Da gehe ich mal rein. Drin eine Frau in Vollschutz die mich wahrnimmt, mir sagt ich sei falsch, und mich dorthin führt, wo ich wirklich hin muss: Rein in die Notaufnahme, dann links, dann nochmal links, da sind zwei Schalter. Freundlicherweise ist keine Schlange. Es kann zwar keiner englisch, aber meine Daten sind durch die Online-Anmeldung ja schon im System. Ich erhalte einen Beutel mit Stäbchen und Röhrchen, den ich selbst tragen soll (mit anfassen!), und dann führt man mich zurück in den Container. Hier kriege ich ein Stäbchen in die Mundhöhle, harmlos, und eins durch die Nase in den Rachen, weniger angenehm. Ungewohnt dabei, sie nimmt mir die Maske ab, d.h. berührt meine Maske, und geht nur auf einer Seite durch die Nase. Bei den Teststationen in Bayern wird nur durch den Mund tief im Rachen gerührt, und das nur durch ein Fenster. Wie auch immer, ich bin hier fertig und kann weiter. Bloß raus aus der Stadt.


    Es geht wieder in die Berge, auf eine Hochebene. Ich bin der einzige weit und breit - halt der Highlander. Hier ist sogar mal kurz Aussicht:


    Es ist wie überall wenig Betrieb und ich sehe heute 0 andere Motorradfahrer. Pässe knacken bei Schlechtwetter ist ein hartes Geschäft. Hier steht als Foto-Tipp "Landschaft" in der Beschreibung.


    Immerhin keine Mülltonnen ;) Kleiner Lichtblick zwischendurch:


    Danach kommt wieder eine lange Überführung und wie schon erwartet verlassen mich die Kräfte, denn leider geht während der letzten Stunde der Regen erst richtig los, und neben den Handschuhen wird auch die Hose undicht, trotz Regenkombi. Dabei hat es auch nur noch 8°C und mir ist schon lange echt kalt. Wäre der Tracer-Tank-Umbau vor der Reise gelungen, hätte ich jetzt auch Sitzheizung. Aber das nur am Rande. Beim letzten Tankstopp suche mir also ein Hotel mit Restaurant, und werde für 28 Euro fündig, wenn auch 20 km abseits der Route. In den Bewertungen ist von sicherem Motorradparkplatz die Rede.


    Die letzten Kilometer ziehen sich wirklich. Dass es durch eine schöne Schlucht geht tröstet mich nicht, ich gucke fast schon mehr auf die restlichen Kilometer als auf die Straße. Völlig nass und durchgefroren komme ich am Hotel an, aber die Tür ist vergittert und drinnen ist es dunkel. Nein, bitte nicht auch noch das. Ich wende, parke davor, da hält ein Passant. Den quatsche ich an: Hotel apierto? Si! Das Hotel ist offen! Klar, es hat mehrere Türen. Ich fummle mein Gepäck runter, was ewig dauert, und werde nach der Garage gefragt. Der Passant ist wohl der Wirt. Klar will ich in die Garage! Er geht zu Fuß 100 Meter weiter, und öffnet er Tor zu ca. 60 qm mit Sandboden, Enduro, Traktor und 3 Autos. Das passt für mich.


    Einchecken und den Krempel aufs Zimmer zerren, raus aus den nassen Sachen. Leider muss man ja erst mal lüften. Leider ist die Heizung kalt, aber eingeschaltet, und Fön gibt's auch nicht. Aber ein heiße Dusche hilft auch ohne Haarwäsche.


    Für Madrid buche ich mir noch ein anderes Hotel, denn das Ibis vermietet zwar ein günstiges Einzelzimmer, warnt aber nach der Buchung, dass es kein Fenster habe, und man ein Upgraden buchen kann (kostenpflichtig). Wer vermietet denn in einer Pandemie ein Hotelzimmer, das man nicht lüften kann? Bait and switch heißt die Devise, oder zu deutsch, Lockangebot. Ach ja, und den beworbenen Airportshuttle gibt's eigentlich schon, man soll aber lieber ein Taxi für 30 Euro nehmen. Da nehme ich lieber ein anderes Hotel.


    Und dann muss ich mich für einen Yamaha-Händler entscheiden, der mein Motorrad bespaßen und beherbergen darf, während ich in Schlandland meinem traurigen Arbeitnehmerdasein fristen muss:

    a) außerhalb, 1h Zugfahrt, sympathisch

    b) näher dran, aber keine Öffis

    c) so halb, Öffis umständlich, will als einziger Geld fürs Parken, dafür aber gleich 400 Euro (nein, der wird's nicht)


    Positiv dagegen, dass mich schon abends das Ergebnis des PCR-Tests erreicht: Negativ. Damit fällt der Restaurant-Besuch gleich leichter - ohne schlechtes Gewissen.


    Zielerreichung:

    67,1% von 295 spanischen Passknackern

    Alles nass außer Jacke

    2 von 2 Covid Tests negativ

    2 Mal editiert, zuletzt von blahwas ()

  • 30.4. Schlechte Entscheidungen ergeben gute Geschichten


    Morgens wache ich mit einem Kater auf. Es fühlt sich zumindest so an. Das kommt nicht vom Alkohol, denn ich hatte den letzten Tage keinen, sondern weil ich gestern zu wenig getrunken hat. Ein häufiger Fehler an kalten Tagen. Dagegen hilft heute viel trinken, obwohl es noch immer kalt ist. Beim Ausschecken lasse ich mir die wichtigsten Dokumente für meine Flugreise ausdrucken: Boardkarte, Covidtest, Digitale Einreiseanmeldung (die erzeugt tatsächlich ein PDF, und nicht etwa einen digitalen QR-Code).


    So, Motorrad fahren! Es stehen 530 km auf dem Programm. Ein Pass westlich von Hotel, und eine Ecke einer Pässegruppe weiter südlich. Die ist optional, weil sie eh nicht ganz schaffe, und beim nächsten Mal keinen So großen Umweg bedeuten würde, aber ich will auch nicht zufrüh am Tagesziel ankommen, der Yamaha-Werkstatt in Madrid. Vor allem nicht während der zwei Stunden Mittagspause.


    Zunächst geht es durch die Schlucht zurück, die auch echt gut aussieht wenn man weniger müde ist als gestern abend. Zum ersten Pass ist es nicht weit, aber hoch. Leider ist es trüb, regnerisch und kalt. Und ich habe wieder mal nicht dran gedacht, vielleicht eine zweite Lage Unterwäsche anzuziehen.




    Weiter geht's zur nächsten Pässegruppe, östlich von Burgo. Alto de Pradilla steht auf dem Plan. Es ist wieder mal sehr kalt und auch nass. Bei einer kurzen Regenpause raste ich an einem verlassenen Hotel. Twix muss rein.



    Was sagt die Tankstellenplanung? Wat? Da kommen 150 km keine Tankstellen mehr?? Dann tanken wir mal vorher. Dabei einen Blick auf die Reifen werfen: ja, sind beide noch da. Luftdruck habe ich im Cockpit immer im Blick. Der hintere wird langsam eckig und zeigt ein Profil in der Mitte, das er gestern noch nicht hatte. Das ist nicht gut, aber die restlichen 400 km heute wird er ja wohl noch halten. Mit frischem Schwung geht's wieder auf die Piste. Am Passknackerpunkt angekommen wird mir auch klar, warum da 150 km keine Tankstellen kommen: Weil meine Route eine 75 km lange Sackgasse ist. Es geht 38 km zum nächsten Punkt und dann wieder zurück. Ich nehme mir vorher, an diesem Punkt mal zu gucken, ob das wirklich nicht anders geht. Allerdings kann ich mir das wohl sparen, denn ich komme an mehreren neongelben Schildern vorbei, wo groß und auch in Englisch und Russisch "Sackgasse" drauf steht. Die Strecke wird sehr einsam und schlängelt sich die Berge hoch. Zeit für eine Pause. Schöne Aussicht.



    Nur die Sicht auf den Reifen schockt.



    Da guckt ja schon Gewebe raus! Wie schnell hat der ContiRoadAttack 2 denn jetzt bitte abgebaut, der ist doch gerade mal 3800 km alt? Und was mache ich jetzt? Ich hätte noch 400 km bis zum Yamaha-Händler. 50 km kann ich kürzen, den Passknackerpunkt hole ich beim nächsten Spanienbesuch. Aber auch 350 km sind ehrgeizig bis gefährlich mit so einem Reifen. Und vor allem, breche ich hier ab, oder fahre ich noch hoch die 20 km zum Punkt und 20 km wieder runter - wo garantiert niemand vorbei kommt, Handyempfang fraglich ist, und es kalt und neblig ist?


    Die Antwort ist ja wohl jedem klar: Ich fahre so lange, bis mich einer aufhält. Oben sieht's dann so aus:






    1840 Höhenmeter, 4 Grad, Nebel, sehr tiefe Sackgasse - könnte einer der abgelegensten Orte auf dem Straßennetz in Westeuropa sein.


    Okay, Zeit für Rücksprache mit den Profis. Die Meinungen gehen auseinander: Klar hält der noch 300! Der hält höchstens 170! So sah meiner aus, als es "Peng" und dann "Zisch" gemacht hat: Harmlos im Vergleich. Also fahre ich erst mal weiter, was bleibt mir auch anderes übrig. 4 Stunden auf den ADAC warten, nachdem ich meine "Adresse" geschickt habe, und dann Stress kriegen wegen des Flugs morgen früh. Die Optionen sind:

    A) Durchziehen bis Madrid und hoffen dass der Reifen nicht platzt. Im Interesse der eigenen Sicherheit vielleicht Strecke ohne Autobahn wählen, die ist allerdings 100 km länger und erfordert sicherlich mehr Kurven und Beschleunigungs-/Bremsvorgänge. Ich habe mir aber 2008 schon mal intensiv weh getan mit einem abgefahrenen Hinterreifen.

    B) Mich an einen Rastplatz stellen mit selbst gemaltem Schild "Madrid" und hoffen dass ein LKW oder Sprinter mit Hebebühne mich und die Yamaha richtig Madrid verfrachtet, wo ich dann die letzten Kilometer zum Händler humpeln kann.

    C) Jeden Reifenhändler auf dem Weg abklappern, und dort einen neuen Reifen montieren lassen. Oder einen alten. Kann auch ganz alt und abgefahren sein, Hauptsache dicht.


    Aber erst mal muss ich den Berg runter. Lag das Reh mit aufgeschlitzter Kehle vorhin auch schon auf der Straße? Und diese Steinchen hier?



    Im nächsten Dorf mit sicherem Handynetz gucke ich was die Route so an Reifenhändlern kennt. In 70 km Entfernung sind zwei. Das müsste doch recht sicher gehen. Danach wäre die Autobahnauffahrt, für den Plan mit dem Anhalter. Ich habe aber leider keinen Minirock im Gepäck. So eiere ich behutsam zum Euromaster in Aranda de Duero, und rödle mal komplett ab, um einen guten Eindruck zu machen. Der Reifen sieht jetzt so aus. Eindeutig negative Profiltiefe.



    Die Verkäufern versteht kein Englisch, und dieses Geschäft macht auch keine Motorräder, aber sie steht meinem Problem mitfühlend gegenüber und hängt sich ans Telefon. Dann nennt sie mir den Namen "Motor Street" und sagt, ich solle bei Google Maps gucken. Der Laden ist exakt 1x um die Ecke im gleichen Gewerbegebiet. Also rödle ich nach intensivem Bedanken halb auf und rolle dort ein. Es ist ein kleiner Beta- und Brixton-Händler, der einzige Mitarbeiter dort ist motiviert und kann englisch. Außerdem hat er vier verschieden Reifen in meinen Maßen auf Lager und montiert mir einen davon in 30 Minuten. Ich bin verliebt. Es wird ein Pilot Road 5. Der kostet mit 191 Euro fast so viel wie der Satz CRA2 in Leon, aber dafür ist er auch 2-3 Generationen neuer, auf Lager und sofort montiert. Wow. Ich liebe solche Händler. Ein anderer Kunde muss wegen mir warten. Da zahle ich gern Aufpreis. Ich hätte auch einen Reifen vom mutmaßlichen Entsorgungshaufen hinterm Haus genommen, aber das wollte er nicht - kann ich auch verstehen. Inzwischen scheint die Sonne und ich kann die 30 Minuten nutzen, um meine diversen Hosenlagen zu trocknen.


    Danach geht's mit frischen Mut auf die Piste. Jetzt tickt die Uhr ziemlich laut. Durch das Rumgeeier und den nicht geplanten Reifenwechsel wird es plötzlich knapp, 19 Uhr in Madrid zu sein, wenn der Yamaha-Händler schließt. So geht es voller Elan auf die Autobahn, aber mit der "Blumenpolizei"-Episode von gestern im Hinterkopf. Dann kommt ein schneller Audi A5 und ich hänge mich dran. Naja, ich versuche es, aber das wird mir auf Dauer zu krass, bzw. meiner Nackenmuskulator. Ich muss noch 2x halten, 1x um die Regenjacke anzuziehen wegen drohendem Starkregen, der aber kurz danach wieder endet, und dann muss der Tank mal wieder gefüttert werden. Zur Feier des Tages gibt's Superplus, und der Tank kriegt 'nen Zwanni in die Hand, stimmt so. Jetzt aber wieder auf die Piste, püntklich sein ;)


    Das klappt dann auch! Der Händler ist in einem Gewerbegebiet in einem Vorort von Madrid, und dort kommt man mit 0 Ampeln hin, und sogar nur die letzten 500 Meter ohne autobahnähnliche Straße. Die Händler hat einen tollen Showroom, aber die Werkstatt ist im Keller. Ich fahre 1x runter und fühle mich direkt wohl. Sehr viele Marken und 3 interessierte Mechaniker fragen mich auf Englisch aus: Reiseroute, Strecken, Unterkünfte, Motorrad, Reifen, usw. Ich lasse alles zurück, was ich erst wieder in Spanien brauche und daheim doppelt habe oder nicht mit ins Flugzeug nehmen kann, und mache mich nur mit Topcaseinnentasche und in Motorradkluft auf zum Hotel. Für den Weg verwende ich Uber. Das ist ein Fahrdienst, wo "jeder" Fahrten anbieten kann. Aber jeder, der es nicht richtig macht, fliegt auch ganz schnell wieder raus. In Deutschland hat es ein furchtbares Image, gilt als Raubtierkapitalismus und die Fahrer als ausgebeutet, und sie sind anders reguliert als Taxis, insbesondere müssen sie nach jeder Fahrt leer zurück zur Basis. Der Rest der Welt verdient sich was dazu oder genießt unkomplizierte Fahrten zu einem vorher festgelegten Preis an jedem Ort - auch da, wo's keine Taxis gibt.


    Mein Uberfahrer heute uberfährt erstmal fast einen Fußgänger, das scheint aber niemanden zu stören. Der Fahr trägt außerdem 2 OP-Masken übereinander und kommt mit offenen Fenstern an. Dann geht es die 30 km in 22 Minuten zum Hotel, mit 0 Ampeln, und sogar nur die letzten 700 Meter ohne autobahnähnliche Straße. Wie schaffen die das bloß in Spanien. Die Fahrt hat 38 Euro gekostet, bezahlt in der App. Kein Diebstahl oder Betrug möglich. Der Fahrer kriegt 'nen Zehner Trinkgeld bar in die Hand, weil sein Auto einen neuen rechten Außenspiegel braucht und weil ich echt gute Laune habe. Es hat alles doch noch geklappt, trotz der neuen Schwierigkeit mit dem fertigen Reifen!


    Das Hotel ist in Ordnung, und es hat einen kostenlosen Flughafenshuttle, der stündlich fährt. Abendessen gibt's aus dem Supermarkt. Es wären auch Restaurants in der Nähe, aber ich schone meinen Magen lieber. Was für ein Tag. Morgen noch den Flieger kriegen und nix im Zug vergessen, dann ist der Urlaub komplett geglückt.


    Zielerreichung:

    68,5% von 295 spanischen Passknackern

    3. Hinterreifen

    1/2 Reiseabschnitten

  • Aber ich hätte es wohl ähnlich gemacht, erstmal Kumpels gefragt. Nur auf die Reifenhändler auf der Route wäre ich nicht gekommen, ich denke da immer noch zu deutsch so ala "Da brauch ich doch Termin..."

  • Ach was, ein Motorradurlaub ist kein richtiger Motorradurlaub, wenn man sich unterwegs nicht bei irgendwelchen Problemen kreativ behelfen muss :D

    Yamaha Ténéré 700 (2022 - ?)

    Suzuki V-Strom 1000 (2018 - 2022)

    Suzuki Bandit 1250 SA (2015 - 2018)

    Yamaha XJ 600 S Diversion (2013 - 2015)


    :japan:

  • Nur auf die Reifenhändler auf der Route wäre ich nicht gekommen, ich denke da immer noch zu deutsch so ala "Da brauch ich doch Termin..."

    Das mit dem "spontan zum Reifenhändler" kennen wir schon auch - schließlich will das Gespann auch dauernd neue Vorderreifen.


    Aber wir wären schon 2 Tage früher beim Reifenhändler gewesen und nicht auf den letzten Drücker. Schnappatmung... ^^

  • Okay, Zeit für Rücksprache mit den Profis. Die Meinungen gehen auseinander: Klar hält der noch 300! Der hält höchstens 170! So sah meiner aus, als es "Peng" und dann "Zisch" gemacht hat: Harmlos im Vergleich. Also fahre ich erst mal weiter, was bleibt mir auch anderes übrig. 4 Stunden auf den ADAC warten, nachdem ich meine "Adresse" geschickt habe, und dann Stress kriegen wegen des Flugs morgen früh. Die Optionen sind:

    Also als jemand der auch mal 2 so reifen (auto) heimkriegen musste (verstellte spur, weswegen er sich vorne innen brutal abfuhr, was ich nur durch zufall bemerkte) .

    Langsam fahren. nicht mehr als 50, dann hält das noch ne weile.

    Bin damals 6 Stunden mit 50kmh gefahren, und in kurven auch mal 30, aber es hat funktioniert.


    Umso langsamer man fährt, umso weniger Abrieb, ganz krass sieht man das ja bei Anhängern an Traktoren, wo teils 20-30 Jahre alte Reifen, komplett hart und von rissen durchzogen drauf sind (alte Gummiwagen die weder Kennzeichen noch TÜV brauchen) und immer noch halten.

  • Nen Pirelli Supercorsa SP sieht quasi im Neuzustand so aus 😋


    Aber finde die Laufleistung ja echt traurig. Knappe 4tkm? Mein Bridgestone den ich letztes Jahr in Sardinien bekommen hab hat ja schon über 5tkm - gut der ist dann jetzt auch wechselbereit, aber bis er so aussieht sind es nochmal 1.000


    Danke für die Berichte, Rückreise wird schon schief gehen! Freu dich aufs gleiche Wetter in Franken für die nächsten Tage

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