Hey, hast du Lust, 1100 km Anreise auf dich zu nehmen durch 3 Länder mit komischen Corona- und Maut-Regeln, um mit mir ein paar Kilometer einer alten Straße zu fahren, die in so schlechtem Zustand ist, dass dort Tempolimit 20 ist und du dir vorher besser Schutzeinrichtungen ans Motorrad schraubst? Wir teilen uns einfache Ferienwohnungen, wo du vielleicht sogar ein eigenes Bett haben wirst, und wir essen, was wir halt so finden können. Ausgeschlafen wird nicht. Es gibt noch mehr schlechte Straßen, die man an manchen Tagen nicht befahren darf. Wann genau, sieht man vor Ort - oder auch nicht. Danach kannst du die 1100 km wieder zurückfahren. Also, kommst du mit?
Solltest du diese Frage mit "Bist du verrückt? Natürlich nicht!" beantworten, ist mit dir alles in Ordnung. Für alle anderen ist dieser Reisebericht.
Die Lingurische Grenzkammstraße, die Assietta Kammstraße, die Maira-Stura-Kammstraße, der Col de Sommeiller, der Monte Jafferau und das Fort Pramand stehen in Alpen rum, sind etwa seit dem 1. Weltkrieg als Schotterstrecken erschlossen und warten unweit der französisch-italienischen Grenze auf Besucher. Wer mag, kann hier die höchsten legalen Strecken der Alpen unter die Räder nehmen. Vor Juli liegt noch Schnee, da bietet sich der September als Termin an: Kein Schnee mehr, noch kein neuer Schnee. Schulferien überall vorbei, daher wenig Betrieb. Hier spielt die Musik:
Und noch gar nicht erwähnt habe ich die möglichen Aussichten von diesen Strecken. Das sind so ziemlich die schönsten, die ich kenne. Danach fährt man über Strecken, die man vorher beeindruckend fand, und wundert sich, warum das nicht mehr kickt. Mit anderen Worten: Macht süchtig.
Als Reisegruppe habe ich mir einen exklusiven Kreis zusammengestellt, und schließlich finden sich vier ausreichend Verrückte ein:
Mirko aus Jülich mit einer KTM 790 Adventure - Wiederholungstäter, die letztjährige KTM 1050 Adventure wurde inzwischen aus der Tiefgarage geklaut.
Luca aus Frankfurt mit einer V-Strom 1050 - Wiederholungstäter auf dem gleichen Motorrad wie letztes Jahr
Sebastian aus Suhl mit einer KTM 690 SMC - neu dabei, bekannt von Straßentouren nach Frankreich und Italien
Johannes aus Nürnberg mit einer Versys 650 - Das bin ich
Zur Vorbereitung habe ich meine Versys 650 mit Conti TKC 70 bereift. Hinten abweichend in 150/70 R17 statt 160/60 R17. Das bringt etwas mehr Bodenfreiheit, macht das Handling agiler und sieht gut aus. Außerdem gibt's de 150er oft mal günstiger als gebrauchten Fehlkauf. Ein Unterfahrschutz ist montiert, außerdem Endurofußrasten "Pivot Pegz". Eine Lenkererhöhung, einen Sturzbügel am Motor, Griffschalen mit solidem Unterbau und Sturzpads an den Achsen habe ich als Vielreisender eh immer montiert, ebenso wie Ersatzhebel im Gepäck sind.
-- Redaktioneller Hinweis: Es erfolgt jetzt jeden Tag ein Bericht über einen Tag, damit die Mitreisenden auch zu Wort kommen können. Und für den Spannungsbogen bzw. fürs Miterleben