Wo war ich eigentlich noch nicht? Südlicher am Balkan als Slowenien war ich noch nicht. Was mache ich da? Hinfahren! Wie mache ich das? Passknackerlandespreis, zwei Wochen Rundreise! So weit, so bekannt - aber dieses mal gibt's 2-3 Leckerlis dazu:
1. CHR_ kommt mit. Ein erfahrener Motorradreisender, der gern im Sand spielt, auch schon in Afrika war und der zur Zeit 4 verschiedene Enduros besitzt. Er tritt hier an mit einer Tenere 700. Warum kommt er mit? Weil wir beim Spinnen im Forum festgestellt haben, dass wir beide gern mal eine Weltreise machen würden, in die Mongolei fahren oder so. Unsere Tour hier dient dem Kennenlernen: Wenn wir uns innerhalb 2 Wochen auf die Nerven gehen, brauchen wir es nicht länger zu versuchen.
2. In den Zielstaaten dieser Reise ist es im Sommer heiß. Wir fahren im Juli hin. Genial, oder? Ja, wenn man es als Vorbereitung auf eine Zentralasien-Reise betrachtet, denn aa stehen noch mal andere Zahlen auf dem Thermometer. Wenn man 40 Grad nicht aushält, braucht man 50 Grad nicht zu probieren.
3. Am Rückweg in Slowenien liegt orts- und zeitgenau das Metal Days Festivals, für das ich seit 2020 Karten habe, das aber 2x abgesagt werden musste. Da kann ich mich eine Woche von den Strapazen der Reise erholen. Meine Campingsachen bringt mir freundlicherweise jemand mit, so dass ich sie nicht 2 Wochen spazieren fahren muss. Und danach kann ich mich noch zwei Tage auf dem Motorrad noch 2 Tage von den Strapazen des Festivals erholen - win-win
4. Nebenbei arbeite ich an meinem Ziel "Landespreis Österreich 2022" bei An-/Abreise. Und zur Verlängerung der Route könnte man noch 3 Tage im Süden nach Montenegro verlängern. Sehr schönes Land, und noch eine Landespreis. Und im Nordosten könnte man 300 km durch Ungarn einbauen, da gibt's 2022 jetzt auch Passknackerpunkte. 2 andere habe ich schon von Österreich aus geschnappt, und der Rest wäre dann im August leichte Beute, wenn ich planmäßig am Rückweg aus Rumänien bin... Es ist mir auch nicht so wichtig, pünktlich am Festival zu erscheinen, daher sind diese Verlängerungen reizvolle Optionen.
In Summe durchqueren wir im Idealfall also Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Ungarn. 6 Länder, davon die Hälfte EU. Drei Fremdwährungen, von denen eine "Mark" heißt, und 1,95 Mark sind 1 Euro wert. Mein Reisepass ist kürzlich abgelaufen, aber alle akzeptieren auch den Personalausweis. Corona-Einreiseregeln hat keiner mehr. Alle haben irgendein Mautsystem - uff. Die Sticker von Austria und Slowenien spare ich mir auf der Anreise, die machen aber auf dem Rückweg Sinn. Der Rest hat Maustelen mit Schranken. Nun denn, los geht's!
Los geht's? Motorrad? Kawasaki Versys 650 macht hier mehr Sinn als Yamaha MT-09. Ich werde wieder mal superknapp vor der Reise mit dem Motorrad "fertig", ohne wirklich zufrieden zu sein. Vorne kommt ein neuer Pirelli Scorpion Dings Rally "STR" drauf, den es wegen 2018er DOT für 65 Euro neu vom Profi gibt, hinten ein CRA3 von privat mit 0 km für 80 Euro. Ich hatte auch einen Satz TKC70 bereitgestellt, der hatte aber weniger Profil, daher darf er mich nach Rumänien und zurück tragen - das sind weniger Kilometer. Den STR fahre ich das erste Mal, aber ein gewisser Herr BDR529 hat damit in Frankreich überzeugend vorgeturnt - auch auf der Straße.
Das Wochenende vor der Reise war ich mit der Versys auf ein kleines Treffen, und dabei ist mir aufgefallen, dass die vordere Bremse echt schlecht anspricht. Das ist ärgerlich, auch wenn sie früher oder später ins ABS kommt. Also bringe ich alte und neue Versys zu meinem Schrauber und sage "1x tauschen bitte!", denn bei der alten Versys hatte ich was verbessert. Leider wird er erst Donnerstag fertig, und noch leiderer wurde es kaum besser. So schlage ich mir in der Garage den Abend um die Ohren, um die Schwimmsättel wieder zum Schwimmen zu bringen, die Sättel zu reinigen und die Kolben zu fetten. Vorne rechts rückt ein Kolben deutlich vor dem anderen aus, die Bremsbeläge sind schon Keile, und wieder reindrücken ist mit Muskelkraft komplett unmöglich. Naja, es wurde zumindest nicht schlechter, aber nach 3 km Probefahrt eigentlich auch kaum besser. Immerhin werden beide Bremsen warm, nachdem ich eine Zeit lang mit gezogener Bremse fahre, also bremst es jetzt immerhin beidseitig. Und danach kühlt auch beides wieder ab, und es lässt sich leicht schieben, also ist es freigängig. Gut genug! Ich kontrolliere 3x den sicheren Sitz ALLER Schrauben im Umfeld der Bremsen, da hatte ich dieses Jahr schon zwei peinliche Pannen. Dann packen und los.
Sa, 9.7.22 Nürnberg-Steiermark
Ich bin weiterhin Team "Anreise auf Achse", auch wenn ich dabei immer weniger Spaß habe. Es geht per Autobahn bis knapp vor Salzburg. Als Gepäck genügt mir das Topcase, aber die Regenkombi muss dann doch auf den Sozius. Das Premiumzeugs ist leider vom Packmaß her eher Schuhkarton.
Es gibt ein paar kleine Staus, aber die Autofahrer bleiben gelassen - dachte ich, bis zu dem Moment wo mich ein Audi Q8 bei einem völlig sinnlosen Spurwechsel auf freier Strecke abdrängt, während ich noch hupe. Seufz. Deutschland, deine Autofahrer. Ich schnappe mir die letzte Tankstelle vor der Grenze in Bayrisch Gmain, obwohl es eine Shell ist - und stelle dann fest, dass sie knapp nach der Grenze ist. Sprit ist ja in Deutschland zur Zeit günstiger als in Austria, aber ganz ehrlich, dafür drehe ich jetzt nicht mal um. Ich werde noch soviel Sprit verfahren auf der Reise, da kommt's auf 20 Cent x 15 Liter bei dieser einen Tankfüllung hier nicht an. Ich tanke im Sitzen und gehe mit Helm in die Tanke und werde trotzdem nicht angemeckert - Shell ist da sonst eigen. Für den Besuch im Bad muss ich nicht mal umparken, denn es ist eh niemand sonst da. Der Kassierer hat echte Langeweile. Ich erfreue mich an noch trockenem Wetter bei motorradfahrerfreundlichen 20° und leichter Beweölkung. Und ab jetzt ohne Autobahn!
Am Motorrad fällt bisher auf, dass der Druckpunkt der Bremse klarer ist, und der Hebel geht nicht mehr so nah an den Lenker ran. Dafür ist der rechte Spiegel lose, der war ja auch an der Bremspumpe dran. SEUFZ. Naja, ich habe zwei davon. Und vielleicht sogar das passende Werkzeug dabei, um ihn zu lösen, und von unten die Mutter anzuziehen, mit der man die Kraft einstellen kann, die man zum Drehen braucht. Der Hinterreifen ist unauffällig. Der vordere STR ist bei milder Schräglage plötzlich sehr agil, um nicht zu sagen, kippelig, ermöglicht aber tolles Kurventempo schon bei geringer Schräglage. Ich glaube, den Effekt hatte ich mit frischen TKC70 am Anfang auch. Ich hoffe, das gibt sich, wenn die Kanten an den Profilblöcken mal etwas rund gefahren sind. Und Wilbers federt echt besser als Serie (Federbein).
Die kleine Straße zum Veitlbruch ist äußerst verwirrend beschildert. Ich fahre vorsichtshalber mal durch - umdrehen kann ich später immer noch. So wandert Passknacker Nr. 1 in den Köcher. Dann geht's ein Stück recht öde an der Autobahn entlang, ohne Pickerl, und dann endlich ins Hinterland: Putzenbauer, Pass Lueg, Lienbachsattel. Der Lienbachsattel ist eine Mautstrecke (6 Euro) und die heute bisher imposanteste Strecke. Es fehlt jedoch ein markantes Passschild.
Weiter über Pass Gschütt und Schwaigweg, kommt nach einigen Kilometern Bundesstraße die schönste Strecke heute: Der Sölkpass.
Der liegt sehr abgelegen, verbindet zwei weit entfernte Täler, ist daher sehr lang, und wird im Winter nicht geräumt. So eine Art Österreicher Izoard? Naja, sicher nicht so spektakulär. Jedenfalls sehr schön hier, auch wenn kilometerweit gerade die Fahrbahn erneuert wird. Am Prebersee vorbei geht's dann nach Tamsweg, wo mein Hotel wartet. Ich erscheine pünktlich um 17:10, und beschließe noch zu tanken - schon wieder Shell, schon wieder kein Mecker.
Das Hotel ist angenehm, und nach einem Spaziergang schmeckt das Backhendl noch besser. So kann man es aushalten!
566 km heute. Morgen Abend treffe ich CHR_ in Slowenien.