Anfängertips für Unerfahrene

  • Immer wieder gibt es Anfragen von Anfängern, die zunächst hier beginnen, sich über das Hobby "Motorradfahren" zu informieren und die daher keine Vorkenntnisse haben, auf denen eine Beratung aufbauen könnte.
    Mit diesem Beitrag soll daher ein Grundstein gelegt werden, auf dem der oder die Ratsuchende weiter aufbauen kann; mehr als Grundsätze und ein Überblick sollen an dieser Stelle daher gar nicht vermittelt werden.
    Ich habe mir erlaubt, weitere Beiträge aus dem Forum zusammenzusuchen und hier zu verlinken oder wichtige Aussagen einzuflechten. Um Weiterentwicklung wird gebeten, etwaige Diskussionen bitte ich - der Übersichtlichkeit halber - in einem eigenen Thread zu führen.


    1. Gründe für den Motorradführerschein
    Dazu kann man alles und nichts sagen. Wer Motorrad fährt, dem muß man nichts erklären, wer aber die zweirädrig motorisierte Welt nicht kennt, dem kann man das Gefühl des Fahrens auch in den schönsten Worten nicht vermitteln.


    Grundsätzlich ist die Entscheidung, Motorrad zu fahren, rationell nicht zu begründen; der Unterhalt ist ebenso teuer als wenn man sich für ein Kfz entschiede, und die Unfallstatistik spricht eindeutig gegen das Motorradfahren.
    Motorradfahren will aber gar nicht rationell sein!
    Ob wir nun die Freiheit darin suchen, kurvenräubernd alpine Serpentinen zu genießen, ob man sie darin sucht, Bestzeiten auf dem Kringel (= Rennstrecke) zu fahren oder ob man einfach seine Kurventechnik weiter perfektionieren möchte und dabei einige Stunden lang für jegliche berufliche Kommunikation unerreichbar ist oder auch einfach nur gerne zu einer Gruppe gehört, die sich abends in eine Kneipe setzt und Benzin plaudert - unter dem Strich sind wir Motorradfahrer eine Gruppe von Individualisten, die ein gemeinsames Hobby irgendwie vereint. Motorradfahren ist emotional, ist Leidenschaft und kann durchaus entspannend wirken, wenn man es gelassen angeht und nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen über den Asphalt pflügt.


    Auch das Thema Unfallstatistik ist so eine Frage für sich; man ist immerhin nicht chancenlos seinem Schicksal ausgeliefert.
    Natürlich werden wir leicht von anderen Verkehrsteilnehmern übersehen und unterschätzt; immerhin ist ein Motorrad in jeder Hinsicht einem normalen Kfz unterlegen, was z.B. die Wendigkeit und die Bremsfähigkeit betrifft.
    Das Motorrad trumpft nur in einer Kategorie auf, nämlich im Leistungsgewicht und in der hieraus resultierenden Beschleunigung. Das vergessen leider auch einige Motorradfahrer, die sich für unsterblich zu halten scheinen oder die aus unerfindlichen Gründen nicht "Motorrad fahren" und "riskant fahren" trennen können. Leistungsfähige Maschinen sind diesbezüglich natürlich auch verführerischer als angemessen motorisierte Fahrzeuge.


    Eine defensive, vorausschauende Fahrweise und angepaßte Geschwindigkeit - was nicht gleichbedeutend ist mit "langsam" - in Kombination mit vernünftigen Schutzklamotten ist aber die beste Lebensversicherung, die wir Motorradfahrer haben, und das ist auch zugleich unsere einzige Möglichkeit, die Statistik Lügen zu strafen, denn das Glück ist ein launiger Mitfahrer, der ebenso oft unvermittelt auf- wie abspringt.
    Ebenso ist es ein trügerischer Fehler, die gefahrene Schräglage mit Erfahrung gleichzusetzen. Für die Schräglage braucht man nur die Anwendung der Fahrphysik und Selbstüberwindung; um Erfahrung zu sammeln hingegen Intelligenz und gefahrene - überlebte - Kilometer en masse.

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
    Heute: Quaestiones ne curamus, sed solvimur.

  • 2. Motorradtypen:
    Unter Motorradtypen versteht man die Arten von Motorradmodellen, die für den jeweils selben Einsatzzweck konzipiert wurden. Man unterscheidet dabei wie folgt:


    Supersportler:
    Moderne Fahrzeuge erreichen offen bis zu 200 PS und werden in der regel bei 300 km/h auf dem Tacho abgeriegelt, das entspricht je nach Modell etwa 280 - 290 echten km/h (Stichwort: Tachovorlauf, -voreilung).
    Zum Vergleich: Für echte 150 km/h werden ja nach Fahrergewicht und Luftwiderstand ca. 35 - 40 PS benötigt.
    Die Sitzposition ist wenig ergonomisch und führt mitunter dazu, daß die Touren sehr kurz werden können. Durch hohen Reifenverschleiß und exorbitante Versicherungsbeiträge in Kombination mit zumeist hohen Wartungskosten - insbesondere bei italienischen Modellen - wird der Unterhalt recht teuer.
    Technik und Konstruktion sind ausgelegt auf Rennstreckenrunden, nicht auf den Betrieb auf öffentlichen Straßen. Soziusbetrieb ist nicht vorgesehen.


    Sportler:
    Moderate Supersportler, bei denen die Ergonomie immer noch stark auf Windschlüpfrigkeit ausgelegt ist. Langstreckentauglichkeit ist bei modernen Modellen zumeist nicht eingeplant, wenngleich sich - je nach Modell - kleiner Menschen auch durchaus länger darauf wohl fühlen können. Soziusbetrieb ist meistens möglich, aber nur für Masochisten und Auto-Origamikünstler empfehlenswert.


    Sporttourer ( auch: Tourensportler):
    Guter Kompromiß zwischen Sportler und Tourer mit vernünftiger Sitzposition und guter Leistung bei durchaus angemessenem Verhältnis zwischen Drehzahl und Drehmoment - heute zumeist zwischen 75 und 100 PS. Meistens auch gute Zuladung durch Gepäckmöglichkeit. Der Komfort für den Mitfahrer entspricht allerdings nur selten dem eines reinen Tourers oder gar Luxustourers, vor allem bei der Sitzposition. Dennoch sind diese Modelle zumindest für den Fahrer auf Langstrecke ausgelegt, und wenigstens auf Mittelstrecken kann sich ein entsprechend gebauter Mitfahrer auch durchaus wohl fühlen.


    Tourer / Luxustourer:
    Die sind auf langen Strecken und Urlaubsfahrten zuhause. Von den Alpen bis zur Waterkant und zurück, dazwischen zwei Wochen nur zum Tanken und Schlafen absteigen - genau dafür sind diese Modelle entworfen.
    Gute, entspannende Sitzposition, ordentliche Gepäckmöglichkeit und mit starken Motoren ausgestattet. Nicht selten haben sie mindestens einen Liter Hubraum und eine Leistung von 100 - 150 PS; Ausnahmen wie die Transalp oder die kleine V-Strom bestätigen die Regel. Auch an die zweite Person auf dem Motorrad wurde hier gedacht, insbesondere in Kombination mit Gepäck. Die Luxustourer wie z.B. die GL-Serie (Goldwing) werden durch die Zuladung und Ausstattungsmöglichkeit (u.a. Beiwagen, Anhänger) gerne als rollende Wohnzimmer bezeichnet, sind in der Regel aber dennoch sehr agil, wenn ein fähiger Fahrer sie benutzt.
    Leider sind gerade die Luxustourer auch sehr teuer, Neupreise um die 20.000 € sind nichts außergewöhnlich.


    Enduromaschinen sind die Sporttourer abseits der Straße. Je nach Auslegung sind sie eher auf Straße oder eher auf Gelände ausgelegt, in der Regel aber fühlt man sich damit in beiden Gefielden wohl.
    Eine Ausnahme sind da evtl. die Reiseenduros, die sehr deutlich auf den Straßenbetrieb ausgelegt sind.
    Die Motorisierung ist hier in der Regel angemessen (ca. 50 - 70 PS) und für den Landstraßenbetrieb mehr als ausreichend.


    Chopper / Softchopper / Cruiser / Custom:
    Was man sich insbesondere unter Harley-Davidson vorstellt - auch wenn bei dieser Marke zwischenzeitlich ein anderes Denken eingesetzt hat.
    Grundsätzlich gilt: Füße nach vorne, Hände nach vorne - und gemütlich laufen lassen.
    Allerdings können die Bister auch verdammt sportlich gefahren werden.


    Nackte Maschinen (Straßenmaschinen):
    Dies sind in der Regel Sporttourer oder Tourer ohne Verkleidung. Für manchen die ehrlichste Art, Motorrad zu fahren, weil der Fahrer direkt im Wind sitzt und nichts den Blick auf Motor und Rahmen verdeckt.


    3. Motorentypen:
    Hier gibt es bereits einen guten Beitrag zu diesem Thema.
    Damit kann man schion einmal einen groben Filter für die eigene Motorradwahl aufbauen.



    4. Die Motorradwahl

    Die sollte unter anderem von folgenden Faktoren abhängig sein:
    a) angestrebte Fahrerlaubnisklasse (siehe Thema: Wer darf was fahren?)
    b) die eigenen Vorlieben - das ist aber nicht festgelegt und wird von den erfahrungen während der Fahrausbildung u.U. maßgeblich beeinflußt.
    c) das Ergebnis des Probesitzens und später der Probefahrt.


    Hinweise:
    a) Fahrerlaubnisklasse:
    1. Der Stufenführerschein (Fahrerlaubnisklasse A beschränkt)
    Grundsätzlich bietet es sich an, beim Stufenführerschein mit einem Motorrad anzufangen, dessen Leistung nur wenig gedrosselt werden muß, um die Grenze von 25 kW (34 PS) einzuhalten.
    Hintergrund: Das Getriebe ist auf ungedrosselte Leistung ausgelegt; je größer also die Differenz zwischen Höchstleistung und gedrosselter Leistung ist, desto schneller wird die Gesamtübersetzung zu lang.
    Mit anderen Worten, Du nimmst Dir selbst künstlich noch Beschleunigungsfähigkeit.


    Eine Drosselung über Gaswegbegrenzer ist unter Umständen weniger sinnvoll als eine, die über die Reduktion von Luft / Sprit-Gemisch arbeitet; bei ersterem wird nur der Weg begrenzt, um den die Drosselklappen geöffnet werden können (Drosselklappenanschlag), grundsätzlich bleibt der Motor selbst aber ungedrosselt.
    Dies kann bei bestimmten Modellen, z.B. der FZ-6 "Fazer", dazu führen, daß der Motor evtl. gar nicht in die Drehzahlregionen gelangen kann, in denen das anliegende Drehmoment und die Getriebeabstufung effizient aufeinander abgestimmt sind.
    Bei der Gemischreduktion steht weiterhin das volle Drehzahlband zur Verfügung. Erreicht wird dies bei Vergasermotorrädern zumeist über Ansaugstutzenverengung, bei Einspritzern elektronisch.
    Soweit dazu.


    Als Standard gelten 600er zum Einstieg - das ist die Mittelklasse des Hubraums.
    Die Maschine sollte offen ca. 45 - 60 PS haben, dann ist das Übersetzungsverhältnis noch in Ordnung; das Gewicht (fahrfertig) liegt dabei in der Regel um die 200 kg +/- 15%.
    Übrigens: Drosseln schadet dem Motor in keiner Weise, wenn der Einbau fachmännisch geschieht. Die Drosselung bewirkt ja nur, daß der Motorhöchstleistung nicht ausgenutzt werden kann.
    Andernfalls müßte ja jeder Motor Schaden erleiden, der nicht mit Dauervollgas bewegt wird - und das ist unlogisch.


    2. Der unbeschränkte Führerschein (Fahrerlaubnisklasse Klasse A "unbeschränkt"):
    Wichtig ist vor allem, daß man sich auf dem Motorrad wohl fühlt. Aus eigener Erfahrung empfehle ich eine Leistung um die 60 - 75 PS für die ersten Jahre, damit überfordert das Motorrad den unerfahrenen Führerscheinneuling noch nicht hoffnungslos. Da bereits die 34 PS der gedrosselten Maschinen von einem Anfänger nicht ausgereizt werden können, gilt dies erst recht für die ungedrosselten Motorräder mit entsprechend mehr Leistung.
    Auch da gehen letztlich die Meinungen weit auseinander. Richtig ist indessen die Aussage, daß die rechte Hand (= Gasgriff) mit Vernunft bewegt werden sollte, denn nicht das Motorrad überschätzt sich und seine Fähigkeiten, sondern der Fahrer.
    Gerne wird auch der Vergleich mit PKW-Leistungen beim ersten Motorrad herangezogen, was bar jeder Grundlage ist.
    Je nach Gesamtgewicht und Übersetzung reichen beim Motorrad 10 - 20 % der Höchstleistung des PKW für vergleichbare Fahrwerte.


    b) Die eigenen Vorlieben: Je nach Wunschvorstellungen, Lebenssituation (insb. finanzielles Vermögen) und sozialen Einflüssen fallen von vorneherein bestimmte Motorräder weg oder erfahren eine besondere Bedeutung.
    Für mich z.B. hat ein Wunschmotorrad entweder vier oder sechs Zylinder, oder auch gar keinen (Elektro-Motorrad).
    Noch dazu bin ich ein Kind der 80er Jahre, und aus verschiedenen Gründen würde ich für mich selbst nicht freiwillig ein kolbenbetriebenes Motorrad holen, das nach 1988 seine Erstzulassunge hatte.
    Diese Rahmenbedingungen kann jeder nur selbst abstecken.


    c) Probesitzen / Probefahrt:
    Letztlich ist alle Theorie grau. Das Motorrad kann noch soviele Kriterien erfüllen - wenn es beim Sitzen und fahren nicht paßt, weg damit. Es hat keinen Sinn, sich den Fahrspaß versauen zu lassen, nur weil man sich ein bestimmtes Modell einbildet.
    Als Beispiel sei die Aprilia RSV Mille erwähnt - bereits nach fünf Minuten war ich wegen Schmerzen aufgrund der gebückten Sitzhaltung soweit, daß ich kaum noch alleine absteigen konnte.
    Auf meiner Roten Zora (XJ 600 51J in rot-silberfarbenem Dekor) bin ich nach der zehnstündigen Anfahrt zum 2007er Forentreffen bei Göttingen nur abgestiegen, weil ich leider schon am Ziel war.
    So sieht der Idealfall aus.

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
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  • 5. laufende Kosten:
    a) Steuern:
    Grundsätzlich kostet ein Motorrad über 125 cm³ 1,84 € Steuern je angefange 25 cm³ Hubraum pro Jahr.
    Eine 600er schlägt also mit knapp 45 € bei Ganzjahreskennzeichen zu Buche.
    Halter mit Saisonkennzeichen zahlen entsprechende x/12 hiervon, mit x = Anzahl der angemeldeten Monate je Jahr.


    Nähere Informationen sind hier zu finden.


    b) Versicherung:
    Grundsätzlich ist die Höchstleistung der ausschlaggebende Faktor.
    Hierbei existieren Grenzen, die von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich sein können.
    Als Fausregel gelten ca. 50 PS, 78 PS und 98 PS, wobei ab 99+ PS die versicherungssummen für Einsteiger fast unbezahlbar sind. Es existieren daher für viele Motorräder mit 99+ PS auch Drosselsätze auf 98 PS.
    Der Schritt bei der FJ 1200 von 101 PS (was schon eine spezielle herstellerseitige Drosselung für den damaligen deutschen Markt darstellt, offen hat die FJ 1200 knapp 130 PS) zu 98 PS kann da schon einmal 300 € ausmachen - ohne spürbare Leistungsreduzierung!


    Der unberechtigte oder unangemeldete Ausbau der Drosselung führt zu folgenden Konsequenzen:
    - Verlust der Betriebserlaubnis, d.h., man bewegt ein nicht zugelassenes Fahrzeug im Straßenverkehr.
    - Eintreten einer der Gründe für den Ausschluß der Versicherungshaftung, d.h., die Versicherung ist nicht mehr leistungspflichtig im Schadensfall.
    Zwar wird sie dennoch an den Unfallgegner zahlen, jedoch später den ungemeldeten Ausbau der Drossel als Grundlage für Regreßforderungen nehmen.
    Damit ist zugleich auch der Straftatbestand des Versicherungsbetruges erfüllt, was bei Vorsatz auch eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen kann.


    Für Inhaber der Fahrerlaubnisklasse A beschränkt kommt etwas weiteres hinzu: Fahren ohne Führerschein, da die Fahrerlaubnis eben nur bis 25 kW und 0,16 kg / kW reicht.
    Noch ein Straftatbestand - insgesamt also nichts für intelligente Menschen.


    Neben der Leistung kommende weitere persönliche und umfeldbestimmte Faktoren zum Tragen, wie z.B.
    - Alter
    - Geschlecht
    - Wohn- / Hauseigentum
    - weitere Verträge beim Versicherer
    - Wohnort / Region
    - Beruf
    - Preisklasse der Maschine
    - andere Fahrer
    - ...


    Neben der obligatorischen Haftpflichtversicherung (gilt aber nur Fahrzeuge von anderen Haltern) sind für die eigene Maschine folgende Versicherungsoptionen sind möglich:
    - Teilkasko:
    Hierbei sind Diebstahl, Unwetterschäden und Wildunfälle versichert. Der Beitrag ist neben den genannten Kriterien abhängig vom Versicherungsumfang und dem Selbstbehalt, also der Summe, die man immer selbst zahlt.


    - Vollkasko:
    Hier sind alle Schäden, soweit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, am eigenen Motorrad versichert. Allerdings sind gerade bei Neufahrzeugen und jungen Fahrern die Versicherungsbeiträge so astronomisch hoch, daß man sich innerhalb weniger Jahre von den Beiträgen ein weiteres Fahrzeug kaufen könnte.


    Weiterhin besteht die Möglichkeit, ein Fahrzeug als Zweitfahrzeug auf die eltern laufen zu lassen und selbst nur als Nebenfahrer des Versicherungsnehmers eingetragen zu sein. Halter und Versicherungsnehmer müssen nämlich nicht identisch sein. Eine Übertragung von Prozenten (Schadensfreiheitsklassen, ausgedrückt in Jahren) ist dann unter bestimmten Umständen möglich, Näheres sollte jedoch mit dem eigenen Versicherungsvertreter abgesprochen werden.


    c) Wartungskosten
    Jetzt kommen wir zu den kostspieligen Komponenten. Am Verkauf von Fahrzeugen verdient ein Händler kaum etwas, an der Inspektion jedoch schon.
    Als Käufer von Neufahrzeugen geht die Garantie verloren, wenn die Inspektionen nicht im vom hersteller gesetzten Rahmen erfolgen. Man beachte den Unterschied Garantie = freiwillge Leistung des Herstellers und Gewährleistung = gesetzlich geregelter Anspruch nach BGB.
    Die Käufer von gebrauchten Fahrzeugen haben es da einfacher - man kann vieles selbst erledigen, sofern das technische Fachwissen vorhanden ist. Im Zweifelsfalle jedoch immer zur Werkstatt! Nicht selten überschätzt man sich, und der im Nachhin ein eh fällige Werkstattbesuch wird doppelt so teuer, weil erst einmal der eigene Pfusch wieder in Ordnung gebracht werden muß.


    Was alles anfällt:
    - Reifen
    Je nach Motorradmodell, eigenem Fahrstil und Reifenmodell sind Reichweiten von unter 3.000 Kilometern bis hin zu 15.000 Kilometern möglich. Die Mindestprofiltiefe sollte nach oben großzügig ausgelegt werden, denn 200 € bis 300 € für ein Paar neuer Reifen ist meist günstiger als eine Reparatur infolge eines Sturzes wegen abgefahrener Reifen, ganz abgesehen vom Fahrgefühl.


    - Öl, Ölfilter:
    Alle Jahre wieder... singt man, und beim Öl sollte es auch so sein. Öl verschleißt mechanisch durch die hohen Scherkräfte gerade in einem Motorradgetriebe, abgesehen davon müssen die Schwebeteilchen aus dem Motor, die das Öl mit sich führt, von Zeit zu Zeit mal raus. Dabei nicht vergessen, daß der Ölfilter auch als Verschleißteil gilt, der zusammen mit dem Öl gewechselt gehört.
    Für Motorräder mit Naßkupplung, die also auch im Ölbad läuft, wird JASO MA benötigt. Als Qualität ist API SG bis SJ der Standard.


    - Bremsflüssigkeit:
    Da gibt es Unterschiede. das Gros der Motorradmodelle benötigt Bremsflüssigkeit DOT 4; diese basiert auf Glykol, ist also stark hygroskopisch, spricht, nimmt Wasser auf. Ein Wechsel sollte daher spätestens alle zwei Jahre erfolgen, besser ist auch hier ein jährlicher Wechsel. Das Wasser in der Bremsflüssigkeit ist insofern problematisch, als sich die Bremse bei jedem Bremsvorgang aufheizt. Bei eienr Vollbremsung aus 200 km/h, z.B. auf der Autobahn, können das schon einmal 600° C sein.
    Diese Hitze überträgt sich auch auf die Bremsflüssigkeit. Wo die allerdings je nach DOT-Typ noch lange nicht am Siedepunkt ist, kapituliert das wasser ab 100° C und verwandelt sich in Dampf. Im Gegensatz zu Flüssigkeiten aber ist Dampf komprimierbar, d.h, beim nächsten Bremsvorgang greifst Du wieder zu und... es passiert nichts, weil die Dampfblase in der Leitung sich zusammendrücken läßt und den Druck nicht mehr an die Bremszange weitergibt.
    Unangenehm, also durch regelmäßigen Wechsel gar nicht erst in die Bredouille kommen. In Hydraulikkupplungen wird übrigens auch Bremsflüssigkeit verwendet.
    Besser als DOT 4 ist noch DOT 5.1, aber das ist eher auf den renntreckenbetrieb ausgelegt - den Siedepunkt von DOT 4 reizt man im Straßenbetrieb deutlich NICHT aus.
    ACHTUNG: Bremsflüssigkeit DOT 5 ist im Gegensatz zu DOT 4 und DOT 5.1 auf Silikonbasis und zerstört normale Bremsleitungen, die nicht explizit auf DOT 5 ausgelegt sind.


    - sonstige Wartungsarbeiten, wie z.B. Ventilspiel, Lagerverschleiß etc.:
    Wer mehr Interesse zeigt, sollte sich ein Werkstatthandbuch seines Modells zulegen. Dort sind alle relevanten Wartungsarbeiten und die dazu benötigten Arbeitsmaterialien und Arbeitsschritte deutlich aufgeschlüsselt.

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
    Heute: Quaestiones ne curamus, sed solvimur.

  • 6. Gebrauchtkauf:


    Grundsätzlich spricht nichts dagegen, auch ältere Motörräder zu kaufen, um auf Ihnen das fahren zu lernen. Meiner Ansicht nach sind sie sogar geeigneter, weil die Leistungsabgabe aufgrund von Umweltschutzvorschriften noch in einem besseren Verhältnis von Drehzahl zu Drehmoment erfolgt.
    das Alter ist für ein Motorred eh zweitrangig, wichtig ist der Pflegezustand. Das bedeutet aber nicht, wie gut die Maschine geputzt ist, sondern wie gut die Wartung nach Herstellervorgabe erfolgt ist und ob der Motor vor Belastung immer warmgefahren wurde.
    Kurzstrecken und Belastung in noch nicht betriebswarmen Zustand sind für einen Motor ebenso Gift wie ein falsch eingestelltes Ventilspiel oder ein deutlich zu mager eingestelltes Gemisch.
    Als Faustregel für wassergekühlte Motoren gilt: Wenn das Wasser auf Betriebstemperatur ist, brauchen Motorblock und Öl nochmal solange, bis der Motor belastet werden kann.
    Bei luftgekühlten Motoren: Nicht unter 20 Kilometern, bevor der Motor getreten wird.
    Wenn man das berücksichtigt, sind Laufleistungen > 200.000 Kilometer kein Problem.


    Für den Gebrauchtkauf empfiehlt sich abgesehen davon folgende Checkliste, um den Pflegezustand einschätzen zu können.


    7. Bekleidung:
    Mit Ausnahme des EC-gepüften Helmes ist kein Bestandteil der Bekleidung Pflicht. Allerdings sind unsere Klamotten das einzige, was sich beim Sturz oder Unfall zwischen uns und all dem befindet, was uns die Haut und all das, was sich darunter befindet, zerstören würde. Aus diesem Grund sollte man niemals an den Klamotten sparen, eher am Motorrad!
    Außerdem gibt es einfach keine Fahrt, die vorher berechenbar ist. Das Tragen einer vollständigen Ausrüstung sollte für jeden bei jedem Wetter im ureigensten Interesse zur Selbstverständlichkeit werden.


    Zur Frage "Leder oder Textil":
    Leder ist nicht mehr grundsätzlich sicherer als Textil, die Zeiten sind vorbei. GUTES Leder ist in der Regel jedoch immer noch besser als GUTES Textil, soweit man alleine die Abriebfestigkeit betrachtet.
    Was allerdings den wetterbedingten Streß betrifft, ist Textil unschlagbar; anders ausgedrückt: Wenn es für Leder zu heiß odder zu kalt / zu feucht ist, rauben Dir die körperlichen Folgen beim Tragen von Leder mehr Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit als das Tragen guter Textilklamotten.
    Zu einer Lederkombi gehört also immer auch eine Regenkombi, um zumindest bei schlechtem Wetter einigermaßen geschützt zu sein.
    Bei zu heißem Wetter brauchst Du entweder eine CoolMax-Kombi oder deren Derivate, oder eben doch Textil.
    Aus diesem Grunde fahre ich nicht in Leder, da ich des Öfteren auch bei lederunverträglichem Wetter unterwegs bin.


    Eine gute Grundausstattung umfaßt:
    - Helm, in möglichst auffälligen Farben!
    - Panzerhemd / Protektorenhemd
    - Kombi oder Einteiler aus Leder oder Textil, je nach Fahrtprofil und Wettertoleranz - in möglichst auffälligen Farben!
    - Handschuhe
    - Stiefel

    Zudem empfiehlt sich zusätzliche Ausrüstung wie folgt:
    - Seidenhaube für den Kopf
    - Halsbedeckung zur verhinderung von Kältebrücken
    - Unterziehhandschuhe, das macht das Tragen der Handschuhe angenehmer.


    Vom Grundpreis her sollte man ca. 1.000 € einkalkulieren und sich über Sonderangebote, z.B. bei auslaufenden Modellen, freuen.


    8. Nebenanmerkungen:
    a) Zur Technik noch ein Link.
    b) Zur Fahrphysik - wie bewege ich ein Motorrad? - hier entlang.


    An alle:
    Fragen, Anregungen?


    An das Team: Wenn Euch der Artikel gefällt, könnt Ihr ihn ja zusammensetzen und in die Rubrik "most wanted" verschieben.


    Servus,


    Holger

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
    Heute: Quaestiones ne curamus, sed solvimur.

  • D a s müsste doch in "Most Wanted" - oder?


    Die klassischen Anfänger - Fragen,...a l l e auf einmal!



    Der Töff.

    "Kein Herz für Arschlöcher!"

  • Hm... wenn ich mir das mit einem Tag "Distanz" durchlese, würde ich bei einigen Passagen die Ausdrucksweise gerne ändern, vor allem die Wortwiederholungen. Von den Tippfehlern ganz zu schweigen.
    Nach zwei Stunden Textbearbeitung sieht man allerdings auch keine Fehler mehr... leider.


    Servus,


    Holger

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
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  • Schön wie man immer wieder merkt, wie der eigene Geschmack in texte einfließt.


    Supersportler magst du wohl nicht, wie man oben lesen kann ;)


    Die versicherungskosten steigen ab 99PS auch nicht exorbitant an, die differenz je nach wohnort macht sich dabei teilweise viel mehr bemerkbar, die Versicherungs summer hier ist zb wesentlich geringer wie 2 Orte weiter, dort würde man für eine gedrosselte GSXR 98PS das gleiche bezahlen wie hier ungedrosselt.
    Auch die versicherungsgesellschaft spielt dabei eine rolle, in wie weit man für 98PS + mehr bezahlt.


    So Pauschal kann man das glaub ich nicht sagen, dein Satz hört sich für einsteiger die vor der wahl stehen recht abschreckend an ;)

  • Zitat

    Supersportler magst du wohl nicht, wie man oben lesen kann


    Das ist nicht korrekt - vor 25 Jahren war meine 51J DER Supersportler schlechthin.
    Allerdings bin ich durchaus in der Lage, eine Konstruktion ohne Schönfärberei zu betrachten.
    Weder Getriebeabstimmung noch Drehmomentverlauf von R1, R6 und Konsorten sind für die Landstraße entworfen, und unter einer angenehmen, langstreckentauglichen Sitzhaltung verstehen etliche Motorradfahrer durchaus etwas anderes als die hinter dem Windschild zusammengefaltete Sitzhaltung.


    Zitat

    Die versicherungskosten steigen ab 99PS auch nicht exorbitant an


    Bei den meisten Versicherern durchaus. BMW hat meines Wissens als Ausnahme eine eigene Gesellschaft gegründet, um Käufer von bestimmten BMW-Modellen mit etwas über 100 PS genau vor genau diesem Sprung zu bewahren.
    Abgesehen davon: Die72 kW (98 PS)-Drossel gibt es nicht, weil das eine schöne runde Zahl ist, sondern aus marktwirtschaftlichen Gründen; ebenso, wie es früher die Drossel auf 37 kW (50 PS) gab.


    Zitat

    So Pauschal kann man das glaub ich nicht sagen, dein Satz hört sich für einsteiger die vor der wahl stehen recht abschreckend an


    Wenn die Wirkung erzielt wird, den Nimbus "Supersportler" in den Köpfen der Anfänger zu zerstören und wenn meine Aussage dazu führt, daß diese Modelle wie jede andere Motorradart auch als Modelle mit einem bestimmten Einsatzzweck, mit all ihren Stärken und Schwächen betrachtet werden, dann ist das genau richtig.


    Servus,


    Holger

    Vor zehn Jahren: Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem!
    Heute: Quaestiones ne curamus, sed solvimur.

    Einmal editiert, zuletzt von DieLegende ()

  • Hi Holger


    Ich würde mal sagen, dein Nickname ist wohl Programm gestanden bei dem Text! Der ist nämlich LEGENDÄR :1: !!! Einfach genial!


    Vielen Dank für die Mühe und ich würde sagen 5 Sterne!


    Gruss
    Jungbiker

    Denke nicht ans Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.


    Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt! (chin. Weisheit)


    BMW R 1200 GS Triple Black, Bj. 2012 (aktueller Töff)
    Suzuki DL 650 V-Strom, Bj. 2004 (verkauft)

  • Schöne Zusammenfassung! Einfach legendär....

    Gruß von Kyrill & Sozia


    Big twins will never die...

  • :respekt:


    Danke für diese tolle Zusammenfassung!!


    :1:

    "Failure is not an option" (Gene Krantz, Apollo 13 Flight Director)


    "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Wobei ich mir beim Universum nicht ganz sicher bin." (Albert Einstein)

  • Hallo Holger,



    Habe Deine Zusammenfassung mit viel Interesse gelesen und finde sie super in Ihrer Aussagekraft. Habe als Anfängerin viele Informationen für mich nutzen können.


    Lieben Dank

    Leben und Leben lassen


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