Liebe Freunde,
ich fahre seit ungefähr 40 Jahren Motorrad und habe dabei so einiges erlebt. 2008 hatte ich einen der ganz schweren Unfälle an meinem Geburtstag, als ein Opa eine rote Ampel überfuhr und mich dann auch. Mit Gottes Segen habe ich mit reichlich Blessuren überlebt und habe seit diesem Tag zwei mal Geburtstag.
Am 18.8.2012 befuhr ich eine schöne Kreisstraße im Harz, die auf 70km/h limitiert war und die mir gut bekannt war. Es war nicht meine erste Begegnung mit Rollsplit, aber eine folgenreiche. Der Sturz war aus meiner Sicht unvermeidbar, da die Baubrigade das Rollsplitschild 12m vor dem aufgetragenen Material gestellt hatte. Ich erlitt einen Armbruch, eine Gelenkfraktur, diverse Prellungen und versuchte die Sache mit dem Bauhof des Landkreises gütlich beizulegen, da an der Intruder recht wenig kaputt gegangen war (Apehanger und 2 Blinker, Fußraste, kleinere Lackschäden). Doch da hatte ich mich getäuscht. Für alle die, denen ähnliches widerfahren ist, habe ich hier das rechtskräftige Gerichtsurteil in aller Kürze beschrieben. Die meisten Biker geben auf, wenn sie es mit dem Kommunalen Schadensausgleich und deren Anwälten zu tun bekommen. Ich war angesichts der für mich klaren Rechtslage so naiv, es auf eine Klage ankommen zu lassen. Ich möchte allen Mut machen, es im begründeten Fall ebenfalls wie ich zu tun, denn am Ende hätte ich mit weniger Glück und fahrerischem Können Tod sein können. Dass erst vier Jahre nach dem Unfall eine abschließende Regelung gefunden wurde, hätte ich nicht gedacht. Bei Recherchen stellte ich fest, dass es nur wenige Gerichtsurteile zu solchen Fällen gibt, deshalb möchte ich Euch darüber informieren:
Das Landgericht Magdeburg hat am 26.5.2016 gegenüber dem
Landkreis Harz für Recht erkannt, dass er eine Amtspflichtverletzung/Verletzung
der Verkehrssicherheitspflicht bei der Beschilderung eines Rollsplittfeldes auf
einer Kreisstraße außerorts grob fahrlässig zu verantworten hat. Der Kläger
(ich) verunfallte schwer (Armbruch und diverse weitere Prellungen, Handgelenk
defekt, sowie Motorradschäden), weil erst 12m vor dem Rollsplittfeld erstmals
ein Schild stand. Der Gesetzgeber fordert ein Hinweisschild zwischen 150-200m
vor der Gefahrenstelle. Die Klage wurde zugelassen und ich erhielt 65% der
geforderten Schadensumme. Das Urteil ist rechtskräftig (Geschäfts Nr. 10 O
1512/14). Der Weg dorthin war sehr aufwändig, da sich die verklagte Seite
über den Kommunalen Schadenausgleich und die damit beauftragten Anwälte mit
allen möglichen Finessen einer Verurteilung entziehen wollte und selbst
eindeutige Ansprüche in Frage stellte. Ich hätte nicht für möglich gehalten,
dass es Anwälte gibt, die sich derart dreist im Rechtsraum D bewegen. Ein
bestellter (motorradfahrender!) Gutachter hat ebenfalls zur Verringerung der zu
zahlenden Schadenssumme beigetragen, da er behauptete, man hätte die verwendete
VS1400 Intruder trotzdem ohne Sturz zum Halten bringen können, da ich angeblich
die Handbremse benutzt habe. Zu Prüfung der Sachlage war er bei schönstem
Sommerwetter mit einer Honda Dominator angereist und machte auf der Jahre
später (2014) natürlich völlig anders strukturierten Straße „Fahrversuche“. Mein
Angebot, dies mit meinem Motorrad unter Zeugen auf der präparierten Strecke
vorzuführen, lehnte er allerdings aus guten Gründen ab... Die Rechnung, die er
für sein Gutachten, das einige Fragen aufwarf und ihn zu einem
weiteren Gerichtstermin zitierte, war horrend. Leider ließ es sich wegen der
umfassenden Beweisaufnahme nicht vermeiden.
Allein, dass es
zwischen dem Unfall am 18.8.2012 und der Urteilsfindung 4 Jahre gedauert hat,
bis ich Recht bekommen habe, spricht schon Bände.
Ich möchte alle Biker ermuntern, ihr Recht zu suchen, auch
wenn der Weg dahin fast immer steinig sein dürfte. Die allgemeine
Beschilderungspraxis ist weiterhin oft sehr schluderig und entspricht häufig
nicht den Erfordernissen. Eine Rechtsschutzversicherung kann sehr hilfreich
sein, ich hatte sie leider damals (noch) nicht.
Gruß
Wolfgang